Andacht vom 12.11.2006:
Hiobs rabenschwarzer Tag
Da tat Hiob seinen Mund auf und verfluchte seinen Tag. Und Hiob sprach: Ausgelöscht sei der Tag, an dem ich geboren bin, und die Nacht, da man sprach: Ein Knabe kam zur Welt! Jener Tag soll finster sein und Gott droben frage nicht nach ihm! Kein Glanz soll über ihm scheinen! Hiob 3,1-4
Ein Mensch verflucht den Tag seiner Geburt. Nicht irgendein Mensch, sondern einer, von dem die Bibel kurz zuvor noch berichten konnte: "Der war fromm und rechtschaffen, gottesfürchtig und mied das Böse." (Hi 1,1) Ja, alles lief bestens für Hiob, solange alles bestens lief - aber dann kam's knüppeldick, so dick, dass manchem Bibelleser angesichts des Schicksals dieses Frommen heute noch die Haare zu Berge stehen, und aus war's mit dem Gottvertrauen ...
Pardon, aber so läuft die Geschichte eben nicht, und das ist die eigentliche Überraschung. Da gerät ein Mensch, der Gott völlig vertraute, in die schlimmste Krise, die einen Menschen treffen kann, sodass er selbst am Leben verzweifelt - aber an Gott verzweifelt er nicht. Im Gegenteil: Seine persönliche Beziehung zu diesem Gott ist so stabil, dass sie sogar Stunden und Tage abgrundtiefer Verzweiflung aushält. Sein ganzes Elend kann er diesem Gott vor die Füße werfen - und am Ende bekennen: "Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!" (Hi 19,25)
Weil er das weiß, braucht er vor Gott kein Theater zu spielen, keine Fassade aufrecht halten, denn von einem ist er absolut überzeugt: Dieser Gott trägt und hält mich auch dann, wenn es ganz dunkel wird in meinem Leben, er ist auch am schwärzesten Tag meines Lebens ganz dicht an meiner Seite und führt mich wieder ins Licht, auch wenn ich es heute noch nicht sehen kann.
Das galt nicht nur für Hiob. Es gilt auch für dich und mich. Vielleicht fühlst du dich gerade heute völlig am Ende. Dann geh mit all deiner Verzweiflung zu Gott. Sogar Jesus hat am Kreuz zu seinem Vater geschrien: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Mt 27,46) Deshalb brauchst auch du dich deiner Verzweiflung weder zu fürchten noch zu schämen. Er weiß ja, wie es um dich steht, und mitten in aller Ausweglosigkeit ruft er dir zu: "Fürchte dich nicht, ich bin mit dir ... Ich stärke dich, ich helfe dir auch, ich halte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit" (Jes 41,10), denn du bist auch am schwärzesten Tag deines Lebens mein Kind! - Dass du das ein Leben lang nicht vergisst, das wünsch' ich dir!
Friedhelm Klingeberg
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.