Andacht vom 19.05.2008:
Auf Vatersuche
Wohl dem, dem seine Übertretungen vergeben sind, dem die Sünde bedeckt ist! Psalm 32,1
Als ich die Frau kennen lernte, lebte sie in einer unehelichen Beziehung und war sehr unglücklich. Eines Tages erzählte sie mir aus ihrem Leben:
Sie wurde als uneheliches Kind geboren. Ihr Vater, ein angesehener Arzt, hatte sich nie um sie gekümmert. So wuchs sie mit ihrer Mutter allein auf. Innerlich war sie immer auf der Suche nach dem Vater oder einer Vaterfigur ihrer Vorstellung. Das wurde ihr zum Verhängnis, und vertrauensselig und impulsiv wie sie war, wurde sie bald zur "leichten Beute" für Männer. Ihr Chef, ein verheirateter Rechtsanwalt, verführte sie als Erster, später trieben andere ihr Spiel mit ihr, sie, die doch nach Liebe und Annahme hungerte. "Ich gerate immer an die gleichen Typen", lautete ihr Erklärungsversuch.
Meist waren es Ältere und Verheiratete. Der letzte Freund, auch verheiratet, verwöhnte sie sehr, kaufte ihr schicke Kleider, lud sie gern zum Ausgehen ein, führte sie oft in hunderte von Kilometern entfernt liegende berühmte Restaurants, um mit ihr gepflegt zu speisen, versprach ihr ein großes, eigenes Auto. So einen fürsorglichen Mann hatte sie bisher noch nicht gehabt.
Ihre Schwester hatte in den Vereinigten Staaten durch die Adventgemeinde den Weg zu Gott gefunden und bat mich besorgt, ihre Schwester hier in Deutschland zu besuchen. So kam es endlich zu einer Wende. Die Frau entschied, sich von ihrem Freund zu trennen, wurde ein fröhliches Gotteskind und eine begeisterte Zeugin für ihren Heiland und Herrn Jesus Christus.
Für sie war Vergebung kein Lehrsatz, sie hatte sie selbst erfahren, ja sie verkörperte sie geradezu. Bis zu ihrem relativ frühen Tod durch Krebs hatte sie noch manche Versuchung und Prüfung zu bestehen, aber sie war im Herzen überglücklich, weil sie die erneuernde Kraft Gottes erfahren hatte, die ihre Seele gesund machte. Endlich hatte sie einen Vater gefunden, der weit mehr für sie bedeutete als ein irdischer Vater - den Vater im Himmel, der täglich für sie da war, sich ihrer annahm und der ihr Lebensfreude und Zuversicht gab.
Josef Butscher
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.