Andacht vom 10.09.2008:
Das Gewissen, ein Maßstab?
Doch auch wenn unser Gewissen uns anklagt und schuldig spricht, dürfen wir darauf vertrauen, dass Gott größer ist als unser Gewissen. 1. Johannes 3,20 (Hoffnung für alle)
"Ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen", behauptet der Volksmund. Manche Christen meinen sogar, die Stimme unseres Gewissens sei die Stimme Gottes. In der Bibel werden wir vergeblich nach solchen Aussagen suchen. Gott hat jedem Menschen ein Gewissen gegeben. Doch es ist nicht die letzte ethische und moralische Instanz.
Als Paulus sich gegen gewisse Vorwürfe der Korinther wehren musste, schrieb er ihnen: "Aber für mich zählt dabei nicht, wie ich von euch oder von irgendeinem menschlichen Gericht beurteilt werde. Auch ich selbst maße mir kein Urteil an. Mein Gewissen ist zwar rein, aber damit bin ich noch nicht freigesprochen, denn mein Richter ist der Herr." (1 Ko 4,3.4 GNB)
Offenbar ist das Gewissen eine Art "Organ" in uns, das unser Verhalten beurteilt, uns vor einer bösen Tat warnt und hinterher verurteilt; eine Art Richter in uns, der uns verklagt oder entlastet. Aber woher nimmt es die Normen für gut und böse?
Unser Gewissen wird maßgeblich von unserer Umwelt, Gesellschaft, Erziehung und auch unserem Glauben geprägt. Fragt man einen atheistischen Zeitgenossen in Sachen Moral nach seinen Gewissensentscheidungen, dann wird schnell deutlich wie weit sie von denen unserer Eltern entfernt sind. Die Zeiten ändern sich - radikal!
Vergleichen wir das Gewissen mit einem Computer, der äußerst präzise arbeitet. Doch was er produziert, hängt nicht vom Gerät ab, sondern von dem jeweiligen Programm (Software). Das allein entscheidet über die Ergebnisse, nicht das Gerät. Die "Software" für ein christliches Gewissen soll das Wort Gottes sein, nicht die in unserer Gesellschaft geltenden Maßstäbe. "Denn das Wort Gottes ... ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens [Gewissen]" (Hbr 4,12).
Als Martin Luther auf dem Reichstag zu Worms 1521 aufgefordert wurde, seine Schriften zu widerrufen, lehnte er das kategorisch ab mit der Begründung: "Mein Gewissen ist gefangen in Gottes Worten, widerrufen kann und will ich nicht, weil wider das Gewissen zu handeln nicht sicher und nicht lauter ist." - "Ein von Gottes Wort geeichtes Gewissen wird uns, den Christen, immer wieder verklagen und schuldig sprechen". Dann hilft die Zusage: "Gott ist größer als unser Gewissen", denn das Blut Christi "reinigt unser Gewissen" (Hbr 9,14) jeden Tag neu.
Joachim Hildebrandt.
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.