Andacht vom 28.04.2010:
Eine Hand voll Gelassenheit ist besser als beide Hände voll Mühe und Jagd nach dem Wind. Prediger 4,6 (Gute Nachricht Bibel)
An einem noch recht kalten Tag im späten Frühling begann eine Schnecke den Stamm eines Kirschbaums hinaufzuklettern. Ganz langsam, Zentimeter um Zentimeter, kroch sie nach oben. Die Spatzen auf dem Nachbarbaum lachten über die langsame Schnecke. Ein Spatz flog nahe an sie heran und piepste ihr zu: "He, du Dummkopf, siehst du nicht, dass an dem Kirschbaum noch gar keine Früchte sind?"
Die Schnecke ließ sich überhaupt nicht beeindrucken und antwortete gelassen: "Macht nichts! Bis ich oben bin, sind welche dran." (Axel Kühner)
Gelassenheit und Ruhe, Geduld und Abwarten - das sind Begriffe, die in unserem Denken oft keinen Raum mehr finden. Alles muss schnell gehen: die Autofahrt, der Zugang zum Internet, die Zubereitung der Mahlzeiten, das Essen, das Gespräch mit den Nachbarn, sogar das Beenden einer Beziehung. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Jeder Tag muss bis auf die letzte Minute effektiv genutzt werden.
Was ist nur mit uns geschehen? Wovon werden viele von uns unentwegt an- und umgetrieben? Wir rasen oft durch unser Leben und haben keine Zeit mehr, die schönen Dinge zu genießen oder den Tag einmal ruhig ausklingen zu lassen.
Gott möchte in unserem Leben der ruhende Pol sein. In den "Ruhezeiten" mit ihm können wir neue Kraft schöpfen. Wir kommen auf andere Gedanken, hören auf, Terminen hinterher zujagen und werden erleben, dass wir ruhiger werden. Für diese Begegnungen müssen wir allerdings anhalten, innehalten und uns bewusst die Zeit dafür nehmen. Diese Ruhezeiten werden sich kaum von allein ergeben. Wir müssen sie uns nehmen und vor allen Dingen gönnen.
Jesus ist uns darin ein Vorbild. Wenn er das Gespräch mit seinem Vater suchte, zog er sich oft zurück, ging allein auf einen Berg (Mt 14,23) oder in "einsame Gegenden" (Lk 5,16 GNB).
Ich wünsche jedem von uns einen Ort, wohin wir uns zurückziehen können, um in der Ruhe und stillen Begegnung mit Gott wieder Kraft, Geduld und auch eine große "Hand voll Gelassenheit" zu bekommen.
Gabriele Baur
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.
