Andacht vom 29.03.2011:
Nein, denn Gott hat sich die aus menschlicher Sicht Törichten ausgesucht, um so die Klugen zu beschämen. Gott nahm sich der Schwachen dieser Welt an, um die Starken zu demütigen. Wer von Menschen geringschätzig behandelt, ja verachtet wird, wer bei ihnen nichts zählt, den will Gott für sich haben. 1. Korinther 1,27.28a (Hoffnung für alle)
1987 lernte ich die Jugendgruppe der Adventgemeinde Pforzheim kennen. Ich staunte, dass ein beachtlicher Teil der jungen Leute mit dem Auto vorgefahren kam und die meisten von ihnen ein Gymnasium besuchten oder studierten. Im Erzgebirge sah das damals noch ganz anders aus. In der Regel waren die Jugendlichen dort stolz auf ihr Moped und sie lernten Schlosser und Tischler, Bürofachfrau und Krankenschwester. Der höhere Bildungsweg war den allermeisten verwehrt.
Dieses Bild hat sich heute grundlegend gewandelt. Wir Bundesbürger im Osten sind von Herzen dankbar, dass Bildung und Studium nicht mehr an die richtige Weltanschauung gebunden sind. Und durch die Pisa-Studien ist Bildung zu einem wichtigen gesellschaftlichen Thema geworden.
Da halte ich es für notwendig, Menschen wie Silvia nicht zu vergessen. Sie ist 19 Jahre alt und hat vor einem Jahr die Förderschule abgeschlossen. Diese junge Frau strahlt Liebe aus und findet schnell Kontakt. Man muss sie einfach gern haben. Sie kann Lesen und Schreiben und hat gelernt, ziemlich selbstständig ihr Leben zu meistern. Silvia liebt Gott und die Tiere. Es war ihr Wunsch, nach der Schule eine Arbeit mit Tieren aufzunehmen. Sie musste sich dazu einem Eignungstest unterziehen und war traurig, als er negativ. ausfiel. Inzwischen arbeitet sie in einer Werkstatt für Lernschwache. Sie wird auf dem freien Arbeitsmarkt keine Chance bekommen.
Vor 40 Jahren gab es überall noch Tätigkeiten, die auch lernschwache Menschen ausführen konnten. Diese Gruppe hat selbst in manchen christlichen Gemeinden und Kirchen keinen leichten Stand, denn vielfach sind Mitglieder auch dort in der oberen Bildungsschicht angekommen.
Es besteht allerdings kein Grund, auf weniger gebildete Menschen abschätzig zu blicken, wie uns Paulus im Andachtstext nachdrücklich deutlich macht, denn Gott legt sein Messband zuerst um das Herz und dann erst um den Kopf!
Wilfried Krause
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.