Andacht vom 07.04.2012:
Dort brachten sie einen Taubstummen zu ihm mit der Bitte, ihm die Hände aufzulegen. Jesus führte ihn ein Stück von der Menge fort und legte seine Finger in die Ohren des Kranken; dann berührte er dessen Zunge mit Speichel. Er blickte zum Himmel empor, stöhnte und sagte zu dem Mann: "Effata!" Das heißt: "Öffne dich!" Markus 7,32-34 (Gute Nachricht Bibel)
Unlängst ging eine Meldung durch die Presse, die mich erschütterte: Bis zu einem Drittel der Menschen, die im vermeintlichen Wachkoma liegen -also angeblich eine Hirnschädigung besitzen, durch die sie ohne Bewusstsein sind, obwohl sie wach sind -, sind möglicherweise lediglich gelähmt. Das bedeutet: Sie sind tatsächlich wach und haben ein Bewusstsein, können sich aber nicht verständlich machen. Sie sind gefangen im eigenen Körper! Ein Zustand von schier unvergleichbarer Grausamkeit. "Öffne dich!" möchten wir ihnen zurufen - und es geschehen lassen.
Eben dieses Wort rief Jesus einem kranken Mann zu: ",Effata!' Das heißt: ,Öffne dich!'" Doch dann wurde klar: Das Öffnen des kranken Organes ist nur ein erster Schritt. Auch der Geheilte selbst ist gemeint. Der innere Mensch soll offen werden -offen für eine persönliche Berührung durch Jesus. "Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar" - so ließ es Antoine de Saint-Exupery den kleinen Prinzen auf den Punkt bringen. Selbst ein Mensch, der sich bewegen kann, ist erst dann wirklich befreit, wenn die Tür seines Herzens geöffnet ist.
Öffne dich, wenn du in dich selbst verschlossen bist, wenn du "dicht gemacht" hast, nicht ansprechbar bist, wenn du dich gelähmt fühlst - unfähig, dich auszudrücken. Eine Begegnung mit Jesus Christus in der Stille, abseits vom Trubel der Welt, kann deine Not wenden. Vorausgesetzt, du bist bereit, dich auf etwas Unerwartetes einzulassen, und verweigerst dich nicht, wenn dir die Heilmittel Gottes ungewöhnlich vorkommen. Sie können heute noch unterschiedlicher sein als damals: Bei dem einen benutzte Jesus Speichel - wie in diesem Fall -, bei anderen war es eine zarte Berührung (vgl. Mt 8,3; 9,29), bei wieder anderen sprach er nur ein Wort (Mt 8,13.32; 9,6).
Wie und womit auch immer Gott dir begegnen mag - lass dich öffnen. Wenn er dein Herz, deine Augen und deinen Mund berührt, dann bist du berufen und befähigt, auch anderen - Gefangenen, Blinden oder Stummen - vom "Wort des Lebens" zu erzählen, das die Fenster zum Himmel aufreißt.
Marc-Oliver Schulz
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.