Andacht vom 14.11.2004:
Unrecht über Unrecht
Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. Matthäus 5,7
Vor mir liegt die Reproduktion eines Gemäldes, das die Plünderung eines Dorfes im Dreißigjährigen Krieg zeigt. Menschen werden umgebracht, Säcke fortgeschleppt, Vieh weggetrieben und Häuser angezündet. Eine Frau steht mit flehend erhobenen Händen vor einem Mann, der auf einem Pferd sitzt und offensichtlich der Anführer der brandschatzenden Soldaten ist. Zwei Kinder halten sich ängstlich an den Kleidern der Frau fest. Bittet sie um das Leben ihres Mannes? Um etwas Nahrung, damit sie mit ihren Kindern nicht verhungert?
Das Bild greift mir ans Herz. Ich kann mich nicht damit trösten, dass das auf dem Bild Dargestellte vor mehr als dreihundert Jahren passierte und längst Geschichte ist. Gleiches geschieht täglich irgendwo auf der Welt. Der Dreißigjährige Krieg ist von den Grausamkeiten unseres Jahrhunderts längst in den Schatten gestellt. Und sie hören nicht auf. Hass und Unbarmherzigkeit nehmen zu. Menschen, die bisher friedlich waren, sind zu unvorstellbaren Brutalitäten fähig. Wo der Geist Gottes keinen Raum findet, nistet sich Satans Geist ein. Die Folgen sind verheerend. Sollten wir nicht von Herzen beten: "Herr, komme bald!"? Wenn Jesus wiederkommt, wird jedes Unrecht ein Ende finden. Dann kommt es darauf an, dass wir vor dem Richter der Welt Barmherzigkeit erlangen.
Und wie sieht es mit unserer eigenen Barmherzigkeit aus? Sind wir nicht oft in Worten und im Urteil über andere erschreckend unbarmherzig? Wer von Schuld und Sünde in seinem Leben weiß und von Jesus Christus Vergebung - und damit Barmherzigkeit - erfahren hat, wird zu anderen ebenfalls barmherzig und verständnisvoll sein. Auch wer durch andere Menschen Unrecht erlitten hat, kann nur durch die Gnade Christi davor bewahrt werden, innerlich zu verhärten und selber unbarmherzig zu werden.
Konrad Edel
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.