Andacht vom 19.11.2004:
Durchblick
Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an. 1. Samuel 16,7
Mit Hilfe eines Empfehlungsschreibens führte sich ein junger deutscher Musiker 1839 in Paris bei Giacomo Meyerbeer ein. Der berühmte Komponist empfing ihn freundlich, unterhielt sich ein Weilchen mit ihm über Musik und schickte ihn dann mit einem versiegelten Brief an Leon Pillet, den Direktor der Oper. In dem angeblichen Empfehlungsbrief aber stand: "Lieber Freund! Befreien Sie mich von diesem Dummkopf!" Der "Dummkopf" hieß Richard Wagner. Häufig werden Menschen nach ihrem Anschein beurteilt. Ein Sprichwort sagt: "Kleider machen Leute." Teure Garderobe, ein hohes Bankkonto, Bildung, gutes Benehmen und vielleicht ein akademischer Grad verschaffen noch keinen guten Charakter.
Einer scheint überheblich und unnahbar zu sein, ein anderer stellt sich dauernd selber in den Mittelpunkt, so dass es schon peinlich wirkt. Doch vielleicht sind die beiden weder arrogant noch egoistisch. Es können Minderwertigkeitskomplexe sein, die hier sichtbar werden. Der eine zieht sich in sein Schneckenhaus zurück, der andere meint auf sich aufmerksam machen zu müssen.
Wie viele Missverständnisse gibt es doch jeden Tag im mitmenschlichen Umgang! Gott aber schaut hinter die Kulissen. IHM können wir nichts vormachen. Das kann uns beunruhigen, aber auch trösten. Wenn andere nicht wissen, wie es wirklich in mir aussieht, der Herr weiß es. Wir sollten uns vor schnellen Urteilen hüten.
Jesus mahnt: "Mit dem Maßstab, den ihr an andere legt, wird man euch selber messen." (Matth. 7,2 Hfa) Denken wir darüber nach, wie wir von anderen behandelt werden möchten! So wollen wir dann mit unseren Mitmenschen umgehen.
Holger Teubert
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.