Andacht vom 31.07.2013:
Gottes Wort ist voller Leben und Kraft. Es ist schärfer als die Klinge eines beidseitig geschliffenen Schwertes; dringt es doch bis in unser Innerstes, bis in unsere Seele und unseren Geist, und trifft uns tief in Mark und Bein. Hebräer 4,12a (Hoffnung für alle)
Am Rande der Wüste lebte ein frommer, weiser Eremit. Diesen besuchte eines Tages ein junger Mann, der ihm sein Leid klagte: "Ich lese so oft in der Bibel, ich vertiefe mich in ihre Worte, ich möchte sie festhalten und als ewige Wahrheit in mir bewahren. Aber es gelingt mir nicht; ich vergesse alles. Ist das mühevolle Lesen ganz umsonst?" Der alte Mann hatte ihm gut zugehört und bat ihn dann, einen schmutzigen Korb aufzunehmen. "Hole mir aus dem Brunnen dort Wasser", sagte er.
Hat er meine Frage nicht verstanden?, dachte der junge Mann, ging aber zum Brunnen. Bis er zurückkehrte, war das Wasser längst verdunstet.
"Geh noch einmal, sagte der weise Mann." Der Junge folgte. Ein drittes, viertes, fünftes Mal musste er gehen. Immer wieder füllte er Wasser in den Korb, immer wieder rann es heraus. Als er schließlich aufhörte, sagte der Alte zu ihm: "Schau dir den Korb an.""Er ist ganz sauber, erwiderte der junge Mann." "So geht es mit den Worten, die du liest und bedenkst", schloss der Alte. "Du kannst sie nicht festhalten, sie gehen durch dich hindurch und du denkst, die Mühe sei umsonst. Aber ohne dass du es bemerkst, klären sie deine Gedanken und reinigen dein Herz."
Manchmal haben auch wir das Empfinden, dass das Lesen der Bibel anstrengend ist und keine nachhaltige Wirkung hinterlässt. Oder wir können uns vieles nicht merken, obwohl wir manche Texte und Kapitel schon zigmal gelesen haben. Zeitweise haben wir auch keine rechte Freude an der Bibel und lesen sie nur oberflächlich. Liegt es an den Umständen, an der Methode oder gar an der Einstellung?
Sicherlich ist es hilfreich, wenn wir beim Bibellesen eine angenehme, ruhige Umgebung aufsuchen und konzentriert ans Werk gehen. Auch ist es förderlich, wenn wir mit verschiedenen Studienmethoden abwechseln und Hilfsmittel zu Rate ziehen. Und ganz bestimmt trägt eine erwartungsvolle Haltung und die Bitte um den Heiligen Geist zum erfolgreichen Lesen bei. Aber das Wort Gottes entfaltet in jedem Falle seine eigene Kraft und hinterlässt ganz bestimmt Spuren in unserem Leben.
Roland E. Fischer
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.