Andacht vom 14.08.2013:
Das Gesetz deines Mundes ist mir lieber als viel tausend Stück Gold und Silber. Psalm 119,72
Als ich eine Predigt über das Gesetz vorbereitete, las ich in einem theologischen Lexikon: "Die Predigt des Gebotes gehört zu dem am meisten missverstandenen, missbrauchten und missachteten Tun in der Geschichte des Volkes Gottes." Stimmt das wirklich?
Missverstehen des Gesetzes wäre zum Beispiel, es als eine Einengung meiner Freiheit zu sehen. Kürzlich wurde von einer offiziellen Bundesstelle evangelikalen Gruppen vorgeworfen, sie würden Jugendliche für einen Glauben werben, der ihnen die wichtigsten Freiheitsrechte einschränkt. Doch genau das Gegenteil stimmt: Gott will uns mit den Geboten zur wahren Freiheit führen. Er stellt sich bei der Verkündung seines Gesetzes als Befreier vor: "Ich bin der Herr, dein Gott; ich habe dich aus der Sklaverei in Ägypten befreit." (2 Mo 20,2 Hfa)
Missbrauch des Gesetzes geschieht unter Christen meist dann, wenn sie nicht darauf achten, welche Funktionen es hat und welche nicht. Das Gesetz vermittelt die Erkenntnis von Gut und Böse, kann uns aber nicht von Sünde befreien, also nicht erlösen (Röm 3,20). Mit dieser Problematik hatte Paulus in den Gemeinden immer wieder zu kämpfen. Durch das Halten der Gebote wird kein Mensch vor Gott gerecht (Gal 2,16).
Missachtung des Gesetzes bricht sich immer wieder in christlichen Kreisen Bahn, indem man behauptet, im "Neuen Bund" (nach dem Tod Jesu am Kreuz) gelte das Gesetz nicht mehr. Um das zu begründen, zitiert man aus dem Zusammenhang gerissene Bibeltexte. Das Gesetz wird aber im Neuen Bund nicht abgeschafft. Paulus wehrt sich ausdrücklich gegen diese Unterstellung: "Nein, im Gegenteil! Wir bringen es neu zur Geltung" (Röm 3,31 Hfa); denn es ist "heilig, gerecht und gut" (Röm 7,12).
Es geht nicht darum, uns über Missbrauch und Missachtung des göttlichen Gesetzes durch Andere zu entrüsten, sondern uns bewusstzumachen, welche schützende und kostbare Gabe Gottes "Weisungen zum Leben" (vgl. Spr 7,2) sind. Inhalt und Ziel seiner Gebote ist das Wohlergehen des Menschen. Darum erhalten sie im Neuen Bund einen neuen Platz: "Ich werde ihr Denken mit meinem Gesetz füllen, und ich werde es in ihr Herz schreiben. Ich werde ihr Gott sein und sie werden mein Volk sein." (Hbr 8,10 NLB)
Joachim Hildebrandt
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.