Andacht vom 15.09.2013:
Wenn dein Bruder Schuld auf sich geladen hat, dann geh zu ihm und sag ihm, was er falsch gemacht hat. Wenn er auf dich hört, hast du deinen Bruder zurückgewonnen. Matthäus 18,15 (Hoffnung für alle)
Jesus gab uns hiermit eine klare und eindeutige Weisung für den Umgang miteinander in der Gemeinde. Das Gespräch zu zweit ist schon deshalb notwendig, weil sich dabei ja herausstellen kann, dass der Andere gar kein Unrecht begangen hat. Wie oft haben wir uns diesbezüglich schon auf Grund von falschen oder einseitigen Informationen getäuscht.
Zum anderen ist das Vieraugengespräch auch deshalb geboten, um den "Sünder" nicht vor aller Welt bloßzustellen und ihm dadurch die Möglichkeit zur Einsicht und Umkehr zu erleichtern.
In der Gesellschaft wird meist das Gegenteil praktiziert. Der Theologe Manfred Lütz meint: "Im Zeitalter der political correctness wurde der Pranger wieder eingeführt. Am mittelalterlichen Pranger wurden Menschen auf einem öffentlichen Platz zur Strafe zur Schau gestellt mit einem Schild, auf dem ihr Vergehen genannt wurde. Man hält das heute für eine eklatante Verletzung der Menschenwürde. Doch zugleich hegt man keinerlei Bedenken, einen Menschen wegen einer nicht korrekten öffentlichen Äußerung in allen Medien der Lächerlichkeit und Verachtung preiszugeben. Am Pranger stand man im Mittelalter an einem bestimmten Ort nur für einige Stunden. Die Opfer der political correctness bekommen in der Regel lebenslang, und das überall. Denn über die elektronischen Medien wirkt eine öffentliche Diskreditierung weltweit und hat fast schon Ewigkeitscharakter. Man gewinnt den Eindruck, die Menschheit habe ein ebenso natürliches wie unstillbares, tief liegendes Bedürfnis nach Inquisition." (Irre! Wir behandeln die Falschen, S. 8)
Wie gut, dass wir diese einzigartige Weisung Jesu kennen, die den "Sünder" vor dem modernen Pranger im Internet schützt. So können wir den Rat des Apostels befolgen: "Brüder und Schwestern, wenn einer von euch vom richtigen Weg abkommt, dann sollt ihr, die von Gottes Geist geleitet werdet, ihn liebevoll wieder zurechtbringen. Seht aber zu, dass ihr dabei nicht selbst zu Fall kommt." (Gal 6,1 Hfa)
Wer sich vom Geist Gottes leiten lässt, wird alles tun, um dem Gestrauchelten zurechtzuhelfen, zumal er um seine eigene Verletzbarkeit weiß. Wer anders handelt, macht sich schuldig - am Nächsten und an Gott.
Joachim Hildebrandt
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.