Andacht vom 30.11.2013:
Aber die Schriftgelehrten und Pharisäer brachten eine Frau zu [Jesus], beim Ehebruch ergriffen, und stellten sie in die Mitte. Johannes 8,3
Jesus saß im Tempel und lehrte die Menschen. Andächtig hörten sie ihm zu. Er verkündigte die befreiende Botschaft, auf die sie schon so lange gewartet hatten. Plötzlich wurde die Verkündigung unterbrochen, Theologen drängten sich nach vorn. Vor sich her stießen sie eine Frau, eine Ehebrecherin, bei frischer Tat ertappt, und stellten sie in die Mitte.
Was stellen wir in den Mittelpunkt unserer Gedanken und Gespräche? Die Fehler unserer Familienangehörigen, Gemeindemitglieder, Nachbarn oder Kollegen? Es ist so leicht, etwas Negatives beim Nächsten zu finden und dann auch genügend Leute, die sich dafür interessieren. Man kann das eigene Fehlverhalten hinter der Sünde des Anderen verstecken.
Satan wird in der Bibel auch "der Verkläger der Brüder" genannt (Off b 12,10). Wer das Fehlverhalten oder den Sünder in den Mittelpunkt stellt, arbeitet dem Teufel zu. Diese Tätigkeit bringt nichts Auf bauendes hervor. Am Ende stand die Frau allein vor Jesus, weil die Ankläger vor ihm keinen Bestand hatten, und Jesus verurteilte sie nicht (Joh 8,7-11).
Wenn Nachfolger Jesu dieser teuflischen Beschäftigung nachgehen, versäumen sie dabei eine andere, lebenswichtige Aufgabe: Suchenden Menschen die gute Nachricht der Erlösung weiterzusagen. Es gibt auch heute noch viele Menschen, die sich nach einem neuen Anfang in ihrem Leben sehnen. Wer sich am Anklagen beteiligt, disqualifiziert sich für den Dienst als Zeuge Jesu und blockiert Gottes Werk.
Muss man denn grundsätzlich zur Sünde schweigen? Was passiert, wenn offenkundiges Fehlverhalten toleriert und öffentlich bekanntgewordene Sünden unter den Teppich gekehrt werden? Ist die Sünde nicht wie ein Krebsgeschwür, das unerbittlich um sich greift und ins Uferlose wächst, wenn man nichts dagegen tut? Sicher muss dagegen etwas unternommen werden. Aber Jesus wies uns an, das zunächst unter vier Augen zu tun (Mt 18,15-17).
Jesus hat nicht zu offensichtlichen Sünden geschwiegen, hat aber den Sünder nicht in den Mittelpunkt gestellt und ihn vor Anderen verklagt, denn er war nicht als Richter, sondern als Retter auf die Welt gekommen (Joh 3,17).
Gerettetsein gibt Rettersinn! Wo können wir heute die rettende Liebe Gottes bezeugen?
Albrecht Förster
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.