Andacht vom 29.09.2005:
Wie in Babylon, so auch heute
Ich will den Erdkreis heimsuchen um seiner Bosheit willen und die Gottlosen um ihrer Missetat willen und will dem Hochmut der Stolzen ein Ende machen und die Hoffart der Gewaltigen demütigen, dass ein Mann kostbarer sein soll als feinstes Gold und ein Mensch wertvoller als Goldstücke aus Ofir. Jesaja 13,11.12
Wir leben in einer sozialen Marktwirtschaft. Vielen, auch dem so genannten "kleinen" Mann, hat diese Wirtschaftsform Wohlstand gebracht. Betrachtet man das System der Marktwirtschaft allerdings weltweit, so sieht man, dass das Soziale immer mehr zurückgedrängt wird. Das Ziel der Marktwirtschaft ist nicht der Wohlstand für viele, sondern das Wachstum der Profite für wenige. "Die Herrscher dieser Welt wissen sehr wohl, dass ihr System den Bedürfnissen der wenigen, nicht der vielen dient." (Noam Chomsky, "Profit over People") In der Tat: Schaut man in die USA, das Musterland der Marktwirtschaft, so stellt man mit Erschrecken fest, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer größer wird. Die Reichen werden immer reicher und die Armen immer ärmer.
Die Stadt Babel war die Zielscheibe des Propheten Jesaja. Dort, vor langer Zeit, galt Gold ebenfalls mehr als der Mensch. Es ist ein Zeichen der Gottlosigkeit, dass Menschen materielle Werte in das Zentrum ihres Denkens und Lebens stellen: Gold, Geld, Reichtum. Sie waren damals bereit, über Leichen zu gehen, so wie es Menschen heute tun, nur um des eigenen Vorteils und Profits willen. Babel ist damals wie heute ein Sinnbild für die Feindschaft gegen Gott und den Glauben. Damals wie heute beten Menschen ihre eigenen Leistungen an und kümmern sich nur um sich selbst.
Gegen diese Grundhaltung steht der Prophet im Namen Gottes auf. Er prangert die Ungerechtigkeit an und deckt die wahren Motive auf. Gott wird "heimsuchen", um die Werte der Menschlichkeit und Liebe wieder aufzurichten. Das wird spätestens dann geschehen, wenn Jesus Christus wiederkommt und sein Reich aufrichtet. Wir warten darauf und wollen versuchen, bis dahin schon hier und heute nach seinen Wertmaßstäben zu leben.
Roland Nickel
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.