Andacht vom 02.07.2006:
Falsches Bild, richtige Einstellung
Einige Philosophen aber, Epikureer und Stoiker, stritten mit ihm [Paulus]. Und einige von ihnen sprachen: Was will dieser Schwätzer sagen? Andere aber: Es sieht so aus, als wolle er fremde Götter verkündigen. Er hatte ihnen nämlich das Evangelium von Jesus und von der Auferstehung verkündigt. Apostelgeschichte 17,18
Auch heute kursieren eine Menge Gottesvorstellungen, leider nicht nur außerhalb der Christenheit. Man streitet über Gott: Wer er ist, wie er ist, was er tut - und wie er nicht ist, was er nicht tut. Diese heftigen Streitgespräche gibt es immer noch. Was ist schlimm daran? Dass man wegen unterschiedlicher religiöser oder kultureller Herkunft auch eine unterschiedliche Gottesvorstellung hat, ist nicht verwunderlich - wie sollte es anders sein? Aber jemandes Glauben an seinen Gott für falsch zu erklären, bedeutet immer auch, sein Heiligstes anzutasten und seine tiefsten Gefühle zu verletzen. Kein Wunder, dass Menschen darauf abwehrend reagieren, steht doch ihr gesamtes Weltbild auf dem Spiel. Ohne Emotionen geht das auch heute nicht ab. Jeder erinnert sich an solche Situationen. Selbst bei geringfügig unterschiedlichen Auffassungen können wir ganz ordentlich streiten: So ist es nicht, so ist es; du denkst falsch, ich habe Recht; so kann man das nicht sehen. Schlimm nur, wenn wir wegen unterschiedlicher Auffassungen die Freundschaft oder Gemeinsamkeiten aufkündigen.
Paulus nahm die Gottesvorstellungen der Athener ernst. Zuerst sah er sich ihre Heiligtümer an, dann hörte er ihren Vorstellungen zu. Und dann sagte er nicht: "Alles falsch", sondern sprach mit ihnen über Jesus und seine Botschaft. Sicher hatte er gut zugehört und ihren Götterglauben hinterfragt. Er entdeckte dabei ihren aufrichtigen Wunsch, alles zu tun, um Gott zu gefallen. Sie wollten im Einklang mit Gott leben, keinem Gott Ehre und Anerkennung verweigern. Das Gespräch über den "unbekannten Gott" (Apg 17,23) traf ihre tiefste Sehnsucht. Der Spott von einigen über die Auferstehung der Toten änderte daran nichts.
Wer Gott wirklich sucht, der findet ihn, dem offenbart er sich - genauer: den findet Gott, dem hilft er zur rechten Erkenntnis. Das war damals so und ist heute nicht anders.
Helmut Kraus
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.