Andacht vom 25.08.2006:
Der Name Gottes
Du, HERR, bist unser Vater; "Unser Erlöser", das ist von alters her dein Name. Jesaja 63,16
Ein ziemlich erstaunlicher Text, auf jeden Fall ungewöhnlich. Fast könnte man meinen, er befände sich in der falschen Abteilung der Bibel, denn was da steht, klingt so gar nicht nach Jesaja und dem Alten Testament. Schon von der Psychologie her würde es eigentlich viel besser zu Matthäus, Markus, Lukas, Johannes und Paulus passen.
Hat nicht Jesus selbst seinerzeit unter anderem deshalb öffentliches Aufsehen erregt, weil er es wagte, von Gott immer wieder als von seinem "Vater im Himmel" zu sprechen?
Daran mussten sie sich erst mal gewöhnen, die Gelehrten, die Frommen, und nicht zuletzt das "gemeine Volk", dem man über Jahrhunderte hinweg anderes eingeprägt hatte. Der Allmächtige, das war der Inbegriff aller Größe, Macht und Heiligkeit, und die Distanz zwischen ihm und selbst dem frömmsten Menschen war so groß, dass man nicht einmal wagte, seinen Namen auszusprechen. Abgesehen davon war die Beziehung zwischen Gott und Mensch eine klar geregelte Angelegenheit, orientiert am Prinzip von Befehl und Gehorsam. So einfach war das - und so gnadenlos.
Und dann kam dieser Rabbi aus Nazareth daher, sprach immer wieder von seinem "Vater im Himmel", verursachte dadurch manch heißen Disput - und brachte letztlich doch nur eine uralte, faszinierende Wahrheit neu zum Leuchten, die die Frommen seiner Zeit vor lauter selbst konstruierter Frömmigkeit glatt vergessen hatten.
"Du, HERR, bist unser Vater." Das wusste und erlebte schon Jesaja und bis heute haben Millionen es erfahren: Dieser große, allmächtige Gott existiert nicht irgendwo weit draußen im Weltraum, sondern ist seinen Menschenkindern ganz nah. Er kennt deine und meine Sorgen und weiß um die Probleme, die uns auch heute begegnen werden. Vor allem aber kennt er schon längst ihre Lösungen. Deshalb dürfen wir ihm auch die Last dieses heutigen Tages aufladen. Er hat versprochen, sie für uns zu tragen, und auf seine Zusagen ist immer Verlass. Er meint es gut mit uns, ganz gleich, was auch immer geschieht. Auf seinen Beistand dürfen wir in jeder Lage vertrauen - heute und morgen und an jedem Tag, den er uns noch schenkt.
Friedhelm Klingeberg
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.
