Andacht vom 26.09.2006:
"Was ist der Mensch?"
Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Psalm 8,4.5
"Nie wieder Krieg!", lautete die Parole der 60er Jahre. Sie entsprach dem Lebensgefühl einer ganzen Generation, die vielfach noch gezeichnet war von den furchtbaren Auswirkungen eines Weltbrandes, der 50 Millionen Opfer gefordert und nicht nur ein Land, sondern einen ganzen Kontinent in Schutt und Asche gelegt hatte.
Doch es dauerte nicht lange, bis die "Friedensbewegten" (wieder) einen schweren Stand hatten, und am Ende blieb namhaften Historikern nichts anderes übrig, als das vergangene Jahrhundert expressis verbis zum "Jahrhundert der Kriege" zu erklären.
Wie werden sie einmal das gerade begonnene Jahrhundert betiteln? Was werden sie schreiben über den furchtbaren Bürgerkrieg, der den Balkan bis heute nicht wirklich zur Ruhe kommen lässt, was über den "Krieg gegen den Terror" in Afghanistan und im Irak?
Und wer wird jemals nach den Opfern all dieser Auseinandersetzungen fragen?
Eins lässt sich mit Sicherheit sagen: Der Mensch - jeder Mensch! - ist mehr als Haut und Knochen, mehr als "der alte Madensack" (um mit Luther zu sprechen), und er ist weit mehr wert als jene 1,25 Euro, die vor langer Zeit immer mal wieder als sein "Materialwert" genannt wurden.
Warum ich mir da so sicher bin? Weil der Schöpfer höchstpersönlich sich zu diesem Punkt unmissverständlich geäußert hat. "Ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!", ruft er uns durch den Propheten Jesaja zu (Jes 43,1). Dieser Ruf galt niemals nur den Frommen, sondern ausnahmslos jedem einzelnen seiner Menschenkinder -auch den "Randsiedlern" unserer Gesellschaft und denen, die fast am Leben zerbrechen, weil ihnen noch niemand jemals gesagt hat, dass auch sie von Gott geliebte, wertvolle Menschen sind.
Wenn das zutrifft, dann hat das Konsequenzen - im Blick auf unseren Umgang mit uns selbst und unseren Umgang mit jedem anderen Menschen, und zwar unabhängig von Hautfarbe, Nationalität, Religion und allen sonstigen Gegensätzlichkeiten. Wenn das keine Herausforderung ist!
Friedhelm Klingeberg
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.
