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Erschienen in: | Top Life Magazin 00 |
Hilfe, wer bin ich?
Die Jugend auf der Suche
Es kommt oft vor, dass sich Jugendliche minderwertig fühlen. Mädchen mit normalem Körpergewicht glauben zu fett zu sein, intelligente Jungen und Mädchen halten sich für zu langsam und attraktive Jungen fühlen sich hässlich. Sowohl Jungen als auch Mädchen fühlen sich trotz unzähliger Qualitäten im Allgemeinen minderwertig. Während des Erwachsenwerdens ist das Selbstwertgefühl besonders instabil.

Gemäß verschiedenen Studien, die mit großen Gruppen Heranwachsender durchgeführt wurden, verursachen folgende Faktoren Gefühle der Unsicherheit:
- 1. Eine späte Entwicklung. Für heranwachsende Jungen und Mädchen ist es äußerst wichtig zu wissen, dass sich die verschiedenen Reifezeichen - besonders die körperlichen - mehr oder weniger rechtzeitig einstellen. Die Geschwindigkeit dieser Entwicklung kann praktisch nicht beeinflusst werden, aber wir können darauf hinweisen, dass es sowohl Frühreifer als auch Spätzünder gibt. Achtsamkeit ist geboten, wenn diese Unregelmäßigkeiten ans Krankhafte grenzen, denn in diesem Fall kann der Arzt eine entsprechende Hormonbehandlung veranlassen.
2. Körperliche Attraktivität. Bei Teenagern steht die körperliche Attraktivität an erster Stelle ihrer Wertskala. Wenn sie sich selbst als zu wenig attraktiv einstufen, spiegelt sich diese Unzufriedenheit in ihrem Verhalten wider. Das kann leider zu folgenschweren krankhaften Verhaltensweisen führen, wie zum Beispiel zu Anorexie oder Bulimie.
3. Die soziale Schicht, aus der die Familie stammt. Jungen und Mädchen, die in einfachen Verhältnissen aufgewachsen sind, neigen eher zu einer geringen Selbsteinschätzung. Jugendliche aus reichen Familien können sich stets modisch kleiden und fast alles kaufen, was das Herz eines Teenagers begehrt. Das können sich Heranwachsende aus anderen sozialen Schichten natürlich weniger leisten. Auf jeden Fall muss darauf hingewiesen werden, dass Jugendliche ihre Freunde meistens in ihrer eigenen sozialen Schicht suchen, was ihre Gefühle der Unsicherheit verringert.
4. Der Wohnort. Das Verhaltensmuster Jugendlicher (und Erwachsener) ist meistens von dem Lebensstil, mit dem sie aufgewachsen sind, geprägt. Die Eltern müssen auch auf eine gute Ausbildung und nichtmaterielle Werte achten sowie Zusammenarbeit anstelle von Rivalität fördern.
5. Die Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Minderheit. Wenn Teenager zu einer kleinen ethnischen Gruppe oder zu einer religiösen Minderheit gehören, können sie ebenfalls dazu neigen, Minderwertigkeitsgefühle zu entwickeln. Das beste Vorgehen gegen eine solche Selbsteinschätzung ist, den Kindern noch vor dem Erwachsenwerden ein Gefühl von Selbstachtung zu vermitteln. Man muss ihnen bewusst machen, dass sie etwas Besonderes besitzen, was andere nicht haben. So wird es für sie möglich, die gleichen oder sogar noch höher gesteckte Ziele zu erreichen als die Allgemeinbevölkerung. Diese psychologische Fähigkeit wird als Kompensation bezeichnet. Viele historische Gestalten, die zu ethnischen Minderheiten gehörten oder unter einer Behinderung litten, haben großartige Ziele erreicht. Churchill, Gandhi, Roosevelt, Schweitzer und Einstein sind Beispiele für diese Kompensation.
6. Der Erziehungsstil. Sowohl ein vorherrschend nachgiebiger als auch ein extrem autoritärer Erziehungsstil können bei Jugendlichen zu einer geringen Selbsteinschätzung führen. Der beste Umgang mit Heranwachsenden ist der demokratische Erziehungsstil, bei dem die Eltern mit ihren Kindern reden, sie emotional unterstützen und gleichzeitig lenken.
Erfolgsorientiert?
Die Selbsteinschätzung eines Menschen steht in engem Zusammenhang mit seinem Erfolg oder Misserfolg. Das heißt, wir nehmen Projekte oder Arbeiten in Angriff (zum Beispiel schulischer oder beruflicher Art) mit der Vorstellung, dass alles gelingen wird (erfolgsorientiert) oder dass es bestimmt misslingt (verlustorientiert). Diese Erwartungen stehen in enger Verbindung mit unserer Selbsteinschätzung. Ein Mensch mit einer gesunden Selbsteinschätzung hat eher Erfolg als jemand mit einer negativen Selbsteinschätzung.
Teenager sind diesem Prinzip in hohem Maße unterworfen, da ihr Selbstwertgefühl sehr anfällig ist. Deshalb müssen die Erwachsenen die Verantwortung übernehmen, das Selbstwertgefühl Heranwachsender zu nähren, denn deren schulischer, beruflicher und gesellschaftlicher Erfolg hängt nachhaltig davon ab. In diesem Rahmen gibt es junge Menschen, die sich auf die Einflüsse von außen konzentrieren und es für Glück oder Zufall halten, wenn sie gute Noten bekommen, während andere diesen Umstand ihren eigenen Fähigkeiten zuschreiben. Wenn sie versagen, sind die einen davon überzeugt, dass es allein ihr Fehler ist. Die anderen führen ihren Misserfolg auf widrige Umstände zurück und stehen gleichzeitig zu ihren persönlichen Grenzen. Dabei ergibt sich immer eine Kombination von verschiedenen Faktoren, aber im Allgemeinen neigen Menschen mit einem ausgewogenen Selbstwertgefühl dazu, sich selbst als verantwortlich für ihren Erfolg anzusehen und ihr Versagen mit Situationen außerhalb ihres Kontrollbereichs zu erklären.
Nur eine gesunde Selbsteinschätzung lässt einen Jugendlichen seine Fähigkeiten und Möglichkeiten als Schlüssel zum Erfolg erkennen. In gleicher Weise erlaubt ein ausgewogenes Selbstwertgefühl, sowohl gute als auch schlechte Umstände realistisch zu bewerten. Das gesellschaftliche Umfeld Heranwachsender übt einen wesentlichen Einfluss auf ihre Selbsteinschätzung sowie auf ihre Erfolge und Misserfolge aus.
Eltern haben die Möglichkeit, die Persönlichkeit ihrer Kinder zu bereichern.