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Verfasser:Mag. Esther Neumann
Erschienen in:TLA 906

Die Darmflora – das unbekannte Organ

Kühe und Menschen haben eines gemeinsam: In ihnen leben unzählig viele Mitbewohner, Mikroorganismen, Bakterien, deren Anzahl sogar die Zahl der Körperzellen übersteigt. Nur der Zeitpunkt, wann diese Mikroorganismen ihre Arbeit verrichten, ist bei Kühen und Menschen sehr verschieden.

© Jesse Barrow - fotolia.com
Bei der Kuh erfolgt der Abbau der Zellulose und anderer Polysaccharide im Vormagen. Dabei entstehen kurzkettige Fettsäuren. Beim Menschen arbeiten die Bakterien erst so richtig im Dickdarm. Auch da entstehen kurzkettige Fettsäuren. Die Arbeit dieser Mikroorganismen ist für die Gesundheit von Kuh und Mensch äußerst wichtig.

Den 1013 Zellen des menschlichen Körpers stehen 1014 Bakterien im Ökosystem Mensch gegenüber, also 10 Mal mehr Bakterien als Körperzellen. Im Dickdarm leben wesentlich mehr als im Dünndarm. Rund 1.000 verschieden Arten und Stämme sind es, die die sehr individuelle Darmflora ausmachen. Es ist bis jetzt unbekannt, wie sie es schaffen, wenn sie einmal kurzfristig durch Antibiotika oder bei der Koloskopie zerstört wurden, sich so schnell wieder zu einer individuellen Gesellschaft aufzubauen.

Eigentlich ist der Begriff "Flora" nicht ganz richtig. Flora heißt ja Pflanzenreich. Der Wort stammt aus der Zeit, in der man die Bakterien noch zu den Pflanzen zählte. Heute teilt man sie in eine eigene Gruppe ein. Die Bakterien im Darm bilden keine leblose Masse. Sie betreiben Stoffwechsel. Und bei dieser riesigen Anzahl entstehen Substanzen, die eine Auswirkung auf den ganzen Organismus haben. Man kann die Leistung der Darmflora mit der von der Leber vergleichen, die ja das vielseitigste Stoffwechselorgan darstellt. Darmbakterien verrichten viele wichtige Aufgaben für uns. Es ist noch längst nicht alles erforscht.

Ernährung und Darmflora

Die Zusammensetzung der Darmflora ändert sich mit dem Nahrungsangebot. Abweichungen im Essverhalten und Ernährungsumstellungen können das Gleichgewicht der Darmflora beeinflussen, schädigen oder die Gesundheit fördern. Auch die Gabe von Antibiotika stört das Gleichgewicht. Kommt es zur Kombination mehrerer negativer Faktoren, vermehren sich krankmachende Mikroorganismen wie etwa Enterokokken oder Clostridien. Dabei werden gesundheitsfördernde Bakterien wie Lactobazillen und Bifidobakterien verdrängt. Viele Krankheiten sind eng mit der Mikroflora des Darmes verbunden. Fleischesser haben eine ganz andere Zusammensetzung der Darmflora als Menschen, die sich nur von pflanzlicher Kost ernähren. Eine Studie hat gezeigt, dass die Stoffwechselprodukte der Mikroorganismen, die im Stuhl der Fleischesser vorkommen, zu DNA-Schäden führen. Die Folge davon ist Krebs, vor allem im Dickdarm. Auch viele Stoffe, die bei der Nahrungszubereitung von Fleisch entstehen, besonders beim Grillen über offenem Feuer, schädigen die DNA. Schäden an der Erbsubstanz tragen entscheidend zur Krebsbildung bei.

Aufgaben der Darmflora

Der Darm mit seiner riesigen Oberfläche stellt die größte Austauschfläche mit der Umwelt dar. Ständig werden körperfremde Substanzen, darunter auch Krankheitskeime, durchgeschleust. In der Darmwand befinden sich Immunzellen. Ein wesentlicher Teil der Antikörper wird von Lymphgeweben im Darm gebildet. Sie werden über den Blutkreislauf weitergegeben und gelangen so in Mund, Nase und Lunge. So werden auch andere Körperteile mit Abwehrstoffen versorgt. Bei der Entwicklung des Immunsystems spielt die gesunde Darmflora eine wichtige Rolle. Die ungefährlichen Keime aktivieren und trainieren die Abwehrzellen. Ohne gesunde Darmflora kann die Funktion des Immunsystems nicht aufrechterhalten werden. Natürlich ist unsere Abwehr nicht unfehlbar und wird oft geschwächt. Sonst würden wir niemals krank.

Die Darmflora beteiligt sich an der Verdauung der Ballaststoffe. Früher glaubte man, dass diese unverdaulich seien, da es im Körper keine Enzyme gibt, die Ballaststoffe zerlegen können. Sie werden daher unverdaut an den Dickdarm weitergegeben. Aber Darmbakterien schaffen es. Sie zerlegen sogar Holz. Dabei entstehen kurzkettige Fettsäuren: Essigsäure, Propionsäure, Butter- und Milchsäure. Diese Abbauprodukte sind sehr enegiereich. Sie ernähren die Darmschleimhautzellen und die Darmflora selbst.

Man hat herausgefunden, dass ein Mangel an diesen Fettsäuren bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen häufig ist. Auch das Reizdarmsyndrom, Durchfälle oder Verstopfungen können eine Folge von Störungen der Darmflora sein. Kurzkettige Fettsäuren regen auch die Darmbewegungen an. Die Durchmischung des Speisebreies zur Nährstoffaufnahme und der Weitertransport werden dadurch gefördert.

Außerdem stellt die Darmflora Stoffe her, die der Körper nicht selber erzeugen kann. Dazu gehört zum Beispiel das für die Blutgerinnung so wichtige Vitamin K. Auch Vitamin B12 stellt sie her. Nur wird dieses Vitamin im untersten Darmabschnitt leider nicht mehr aufgenommen. Man diskutiert aber die Möglichkeit, dass im gesunden Darm von reinen Pflanzenessern solche Vitamin B12 produzierenden Mikroorganismen weiter in den Dünndarm hochsteigen, wo eine Aufnahme möglich ist. Auch Vitamin B1 und B2 können sie herstellen. Wird die Barrierefunktion der Darmwand beeinträchtigt, wird sie durchlässig. Dies kann zu Entzündungsreaktionen führen, die an der Entstehung anderer Krankheiten beteiligt sein können. Dazu zählen entzündliche Darmerkrankungen, Typ-2-Diabetes, Arteriosklerose, Herzinsuffizienz und bestimmte Lebererkrankungen.

Um Gesundheit und Lebensqualität zu verbessern, ist es durchaus sinnvoll, der Darmflora mehr Beachtung zu schenken. Wir können sie durch eine Zufuhr von mehr Ballaststoffen pflegen. Wir finden sie in Obst, Gemüse, Vollgetreide, Samen und Nüssen. Wenn wir wenig oder – noch besser – gar kein Fleisch zu uns nehmen, verbessern wir die Darmflora in Richtung positiver Besiedelung.

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