Verfasser: | Pierre Intering |
Erschienen in: | Top Life Aktuell 1703 |
Sola Gratia - Allein aus Gnade
Was geschehen ist, ist geschehen! Auch wer seine Schuld einsieht und sie bekennt, lässt sie damit nicht verschwinden. Die Vorstellung, man könne bezüglich des ewigen Lebens für seine Schuld in irgendeiner Form büßen oder dieses Leben durch gute Taten und Zahlungen verdienen bzw. erkaufen, ist eine sehr menschliche, aber irrige Ansicht.
Gnade ist unverdiente Gunst! Sie ist die einzige Lösung für die Rettung des Menschen: "Denn alle Menschen haben gesündigt und das Leben in der Herrlichkeit Gottes verloren. Doch Gott erklärt uns aus Gnade für gerecht. Es ist sein Geschenk an uns durch Jesus Christus, der uns von unserer Schuld befreit hat." Römer 3,23.24 (NL)
Gnade hat aber nichts damit zu tun, dass Schuld einfach vergessen oder nicht ernst genommen wird. Die Schuld wurde bezahlt - teuer sogar. Sie hatte den Tod Jesu Christi zur Folge, der sie auf sich genommen hatte.
Ohne Sola Gratia (Allein aus Gnade) konnten schon damals die beiden reformatorischen Grundsätze - Sola Scriptura (Allein die Heilige Schrift) und Sola Fide (Allein aus Glauben) - missverstanden oder sogar missbraucht werden. Denn auch die intensive Beschäftigung mit der Bibel und der stolze Hinweis auf den eigenen Glauben konnten dazu führen, sich selbst erlösen zu wollen. Der Einsatz und der Glaube seien so etwas Besonderes und Lobenswertes, dass Gott das wohl anrechnen müsse - so mag es sich mancher vorgestellt haben. Sola Gratia trat diesem Gedanken aber entschieden entgegen.
"Für die Reformatoren war Gnade das Kennzeichen des göttlichen Handelns insgesamt. Sogar die Schöpfung der Welt sahen sie als einen Akt der Gnade: "Ich glaube an Gott, den Vater, den allmächtigen Schöpfer Himmels und der Erden." Was ist das? Antwort: "Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat samt allen Kreaturen, mir Leib und Seele, Augen, Ohren und alle Glieder, Vernunft und alle Sinne gegeben hat und noch erhält ... ohn all mein Verdienst und Würdigkeit" (Martin Luther, Der kleine Katechismus, in: BSLK, S. 510,29-S.511,5.), "ohn all mein Verdienst und Würdigkeit" heißt nichts anderes als "aus Gnade"." ekd.de/EKD-Texte/93091.html
Mit solch einer Gnade lässt sich schwerlich etwas verdienen. Das mag wohl auch eine Ursache dafür gewesen sein, dass der reformatorische Grundsatz "Sola Gratia" besonders von der Kirchenleitung bekämpft wurde. Für die Gläubigen ging aber ein helles Licht auf, das sie von der Last der Schuld und der drückenden auferlegten Bußübungen und Zahlungen befreite. Der echte Gläubige wusste, dass dies keine billige Gnade war. Er wollte nun nicht einfach getrost sein altes Leben gedankenlos weiterführen. Die Gnade, die nicht nur die Vergangenheit betraf, erreichte sein Herz und veränderte damit auch nachhaltig sein Leben.
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Erschienen in: Top Life Aktuell 1702