Andacht vom 12.05.2011:
Er bestraft uns nicht, wie wir es verdienen; unsere Sünden und Verfehlungen zahlt er uns nicht heim. Psalm 103,10 (Hoffnung für alle)
"Der Herr liebt die kleinen Kinder, die versuchen, das Rechte zu tun, und er hat verheißen, dass sie in seinem Reich sein werden. Wenn du in der Versuchung stehst, ungeduldige Worte zu sprechen, denke daran, dass der Herr dich sieht und dich nicht liebt, wenn du Unrecht tust", schrieb 1860 die 33-jährige Ellen G. White an ihre Kinder (zitiert in Alden Thompson Sind Propheten unfehlbar?, S. 148).
Als ich dies las, erinnerte ich mich daran, dass meine Mutter bei einem Gewitter, wenn ich nicht artig gewesen war, gern sagte: "Gott schimpft dich aus, weil du ungehorsam bist." Ich traute mich nicht, ihr zu widersprechen, aber ich dachte: Was redet sie nur! Da hätte Gott viel zu tun, wenn er es jedes Mal, wenn ich nicht folgsam bin, donnern lassen würde.
Es passiert leider immer wieder, dass Eltern, wenn sie mit ihren Erziehungskünsten wenig Erfolg verzeichnen, Gott gern als strafende Autorität ins Feld führen. Glücklicherweise habe ich die Aussage meiner Mutter nicht ernst genommen und ich hoffe, Ellen Whites Kinder haben das damals auch nicht getan. (32 Jahre später schrieb sie: "Lehrt euren Kindern nicht, Gott würde sie nicht lieben, wenn sie Unrecht tun." [Ebenda.])
Das Fatale ist nur, dass gerade solche Aussagen im Gedächtnis haften und der Eindruck bleibt: Bist du braV. und anständig, dann bist du geliebt, bist du ungehorsam oder rebellisch, dann bist du abgeschrieben. Die negativen Nachwirkungen einer frommen Erziehung nach "Gutdünken" (Hbr 12,10) belasten manche Menschen ein ganzes Leben lang und vermitteln ihnen ein falsches Gottesbild. Wer Gott als eifrigen himmlischen Polizisten darstellt, muss sich nicht wundern, wenn die Kinder später mit ihm nichts zu tun haben wollen.
Gott "handelt nicht mit uns nach unsern Sünden und vergilt nicht nach unsrer Missetat" (Ps 103,10). Diese Erkenntnis hatte schon David, die er in unserem Andachtstext zum Ausdruck brachte. Auch im Gleichnis vom verlorenen Sohn beschreibt Jesus Gottes liebevolles Handeln, selbst wenn ein Mensch einmal seine eigenen Wege geht (Lk 15,11ff.).
Lass dir von niemandem einreden, dass dich Gott nicht mehr liebt, wenn du etwas falsch gemacht hast. Du bist und bleibst sein geliebtes Kind! Er vergibt dir gern!
Josef Butscher
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.