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Erschienen in:Top Life Magazin 1 / 2004

Jugend und Familie

Gruppenbildung bei Jugendlichen und der Einfluss der Familie

Gruppen bilden sich nicht aus purem Zufall. Das Sprichwort "Gleich und Gleich gesellt sich gern" findet bei der Gruppenbildung von Jugendlichen eine direkte und klare Anwendung.

Wenn wir eine feste Gruppe von Jugendlichen vom soziologischen Standpunkt aus analysieren, stellen wir fest, dass praktisch alle Mitglieder aus der gleichen sozialen Schicht stammen, die gleiche gesellschaftliche und intelektuelle Reife haben, in der gleichen Gegend wohnen und mit großer Wahrscheinlichkeit die gleiche Schule besuchen. Auch haben sie ähnliche Wertvorstellungen und Vorlieben.

Asoziales Verhalten

Eine Jugendgruppe kann zu einem Problem werden, wenn sich die Mitglieder unsozial oder sogar gesetzwidrig verhalten: Einschüchterung, Vandalismus, Diebstahl, Gewalt usw. Aufgrund des großen Einflusses einer Gruppe auf Teenager begegnen wir überraschend vielen Jugendlichen, die sich in ihrer Kindheit zwar tadellos verhielten, aber schließlich vor dem Richter landeten, weil sie sich von der Gruppe beeinflussen ließen.

Ein wachsendes Phänomen der Großstädte ist die rasche Vermehrung der "Stadtbanden". Der Prozess der Pubertät,des Erwachsen-Werdens vergrößert den emotionalen Druck dieser Gruppen zusätzlich. Aufgrund dieser Umstände erreichen Stadtbanden Extreme von unerwarteter Gewalt gegenüber Eigentum und sogar gegen Menschen. Dieses Problem wird durch die Ohnmacht, diesen Banden mit polizeilichen und gesetzlichen Mitteln beizukommen, verschärft. Meistens kommen die Banden ungeschoren davon. Diesen Extremsituationen bereits in der Kindheit entgegenzuwirken ist zweifellos die beste Prävention. Dabei sind es eindeutig die Eltern der Kinder und Jugendlichen, die diese Aufgabe viel erfolgreicher durchführen können als irgendeine andere soziale Institution.

Die Haltung der Eltern gegenüber der Gruppe

Eltern haben trotz allem einen bedeutenden Einfluss auf ihre heranwachsenden Kinder. Es ist möglich, dass dieser Einfluss nicht mehr so offensichtlich ist wie in der Vergangenheit, erweisen Jugendliche ihren Eltern immer noch Achtung, auch wenn sie das nicht offen zugeben. Wie können Eltern ihren Kindern helfen, am meisten von einer Gruppe zu profitieren, ohne sich nachteiligen Einflüssen auszusetzen?

Verstehen lernen

Zuerst einmal müssen die Eltern verstehen, dass Gruppendruck etwas Natürliches ist. Für Jugendliche ist es sehr wichtig, von ihren Freunden akzeptiert zu werden; mehr noch als von den eigenen Eltern. Heranwachsende möchten gleich sein wie die anderen Gruppenmitglieder. Einige nennen das das "Chamäleon-Verhalten". Wenn Eltern diesen Tatbestand verstehen, werden sie in der Lage sein, ihre Kinder viel besser zu unterstützen und keine Gefühle der Eifersucht und Rivalität gegenüber der Gruppe zu empfinden.

Andererseits neigen Jugendliche besonders dann dazu, eine negative Gruppe zu wählen, wenn sie ein geringes Selbstwertgefühl besitzen. Unbewusst hoffen sie, dass sie vielleicht in einer solchen Gruppe wichtig sein werden und sich in irgendeiner Weise hervortun können. Deshalb müssen Eltern die positiven Seiten ihrer heranwachsenden Kinder hervorheben und sie bedingungslos akzeptieren. Wenn Teenager mit sich selbst zufrieden sind, halten sie an ihren Wertvorstellungen und Ansichten fest und lassen sich nicht von jenen der Gruppe beeinflussen.

Das Vorbild

Eltern müssen auch ihr eigenes Verhalten unter die Lupe nehmen. Teenager reagieren sehr empfindlich auf inkonsequentes Verhalten. Wenn Eltern die Werte von Aufrichtigkeit, gegenseitigem Respekt, Ordentlichkeit und Gemeinschaftsgeist hochhalten, müssen sie diese Ideale auch auf ihr Leben übertragen. Tun sie das nicht, verlieren die Jugendlichen die Achtung vor solchen Eltern, die viel predigen, jedoch nicht tun, was sie sagen.

Der Einfluss auf die Freunde

Ein weiterer Ansatzpunkt der Eltern ist ihr Einfluss auf die Freunde ihrer Kinder. Dieser Einfluss muss bereits vor dem Erwachsenwerden ausgeübt werden. Eltern haben stets die Möglichkeit, sich über die Freundschaften ihrer Kinder und ihre Beteiligung an verschiedenen Gruppen zu informieren und die Wahl ihrer Kinder zu beeinflussen. Hat das Kind einmal eine akzeptable Freundschaft geschlossen, wird es sich auch als Jugendlicher dafür entscheiden, mit guten Kollegen Umgang zu pflegen.

Früh übt sich ...

Gruppen, die miteinander Sport treiben oder andere Aktivitäten im Freien unternehmen, erfüllen eine doppelte Funktion: Sie fördern sowohl die körperliche Gesundheit als auch die Fähigkeit, richtig mit anderen Menschen umzugehen. Es ist deshalb eine gute Idee, schon früh mit den Kindern an Gruppenaktivitäten teilzunehmen, damit sie diesen gegenüber eine positive Einstellung entwickeln können.

Jugendliche sind auf ein gewisses Maß an Struktur und konstruktiver Kontrolle ihrer Eltern angewiesen. Eine Studie von Steinberg, an der etwa tausend Jugendliche teilnahmen, belegt, dass Kinder von Eltern, die ihnen gewisse Aktivitäten vorschlagen und diese auch überwachen, vom Gruppendruck viel weniger beeinflusst werden.

Für seine Studie befragte Steinberg Jungen und Mädchen, die allein zu Hause bleiben mussten, weil ihre Eltern berufstätig waren. Wenn diese Eltern ihren heranwachsenden Kindern klare Anweisungen gaben und mit ihnen per Telefon in Verbindung blieben, war das Risiko, dass sie einem Gruppendruck verfielen, viel geringer. Bei Eltern hingegen, die ihre Kinder während ihrer Abwesenheit sich selbst überließen, war das Risiko einer negativen Beeinflussung durch eine Gruppe viel größer.

Schließlich müssen Eltern sicherstellen, dass ihr Kind noch vor dem Erwachsenwerden mit einem Wertesystem und genauen Moralvorstellungen ausgerüstet ist. So wird der Jugendliche seine Gruppe in angemessener Weise aussuchen, indem er nach Freunden Ausschau hält, die seine persönlichen Grundsätze achten. Dann wird er auch, wenn es zu unhaltbarem Benehmen wie zum Beispiel Diebstahl oder Vandalismus kommt, mehr Kraft aufbringen, um sich diesem Verhalten entgegenzustellen. Er oder sie wird dann eine Entscheidung fällen, die ihm oder ihr nicht von den Eltern auferlegt wurde, sondern die das Ergebnis eigener Reife und des persönlichen freien Willens ist. Mode und Trends

Körperkult

Die Mode schreibt uns nicht nur ein bestimmtes Erscheinungsbild vor, damit wir ihren Schönheitsidealen entsprechen, sondern auch einen durch-trainierten, athletischen Körper. Sportler und Topmodelle mit kraftvollen und wohlgeformten Körpern sind die Idole unserer Zeit. Dieser Umstand bewirkt, dass viele Teenager an Mager- oder Ess-Brechsucht leiden, weil sie nicht wie diese Idole aussehen.

Freizeit

Popmusik ist für den Lebensstil Heranwachsender ein wesentlicher Bezugspunkt und wird in vielen Fällen sogar zu einer Lebensphilosophie. Von den verschiedenen Arten der Rockmusik bis hin zu einfachen Kommerz-Rhythmen (Acid) und den verschiedenen Typen der Tanzmusik (Techno, Disco, Rap usw.) haben die Jugendlichen heutzutage eine große Auswahl. Auch die "New-Age" Musik findet heute weite Verbreitung.

Aber am liebsten verbringen Teenager ihre Freizeit mit Fernsehen. Die Fernsehsucht nimmt ständig zu. Fernsehserien und Kinofilme haben auf den Lebens-stil Jugendlicher einen großen Einfluss.

Gelesen wird hingegen immer weniger. In einem kultivierten Land wie Frankreich lesen 72% aller Jungen und 59% aller Mädchen nie oder nur selten. In Spanien ist es sogar noch schlechter bestellt. Demgegenüber haben Kinofilme einen großen und oftmals negativen Einfluss, da die meisten der dargestellten Helden sehr gewalttätig sind.

Gewalt

Die Gründe für die wachsende Gewalt bei Jugendlichen, vor allem in den Städten, sind verschieden. Randgruppen, die in vielen Großstädten immer häufiger auftreten, sind eine bekannte Quelle von sozialen Problemen, die sich oftmals in Kriminalität und Gewalt ausdrücken.

Die Wirkung von Fernseh- und Kinostars darf ebenfalls nicht unterschätzt werden. Die Medien schaffen kaum neue gesellschaftliche Modelle, neue Positionen oder Einstellungen, sondern verbreiten, was populär ist. Der Rest geschieht fast von selbst. Die jungen und jüngsten Zuschauer ahmen nach, was ihnen vorgesetzt wird.

An den Schulen kommt es immer häufiger zu Konflikten. Ein Bericht von "Francoscopie" zeigte unlängst, dass in Frankreich "die Gewalt in der Schule unerträglich geworden ist". In Großbritannien nimmt gemäß Angaben der Universität von Exeter jeder vierte Schüler zwischen 11 und 16 Jahren ein Messer mit zur Schule. In den USA sind ähnliche Phänomene bekannt. In Österreich waren 2003 60% der männlichen Jugendlichen in Gewalthandlungen verwickelt. Damit liegt Österreich laut der WHO um fast 60% über dem Durchschnitt von untersuchten 36 Ländern.

Gründe für asoziales Verhalten

Im Zusammenhang mit asozialem Verhalten bei Jugendlichen kommen verschiedene Faktoren zum Tragen. Kennt man diese, so hat man die Möglichkeit, dem negativen Einfluss einer Gruppe zuvorzukommen:

  • Gewisse Verhaltensweisen in der Kindheit sind typisch für zukünftige Gesetzesübertreter: Überaktivität, Angstgefühle und mangelnde Aufmerksamkeit. Ebenso scheinen gewalttätige und aufsässige Kinder später eher zu asozialem Verhalten zu neigen.

  • Die familiären Umstände erhöhen ebenfalls das Risiko von asozialem Verhalten: Alkoholkranke oder kriminelle Eltern und Eltern mit einem zu strengen oder zu laschen, inkonsequenten Erziehungsstil. Des Weiteren begünstigen ein zerrüttetes Zuhause oder eine problematische Ehe der Eltern asoziales Verhalten bei Jugendlichen.

  • Gewisse Schwierigkeiten in der Schule treten häufiger bei problematischen Jugendlichen als bei den übrigen Schülern auf. Dazu gehören schlechte schulische Leistungen, unentschuldigtes Fernbleiben und ein schwieriges Verhältnis zu Lehrern und Klassenkameraden.

    In gut geführten Schulen wird normalerweise am wenigsten asoziales Verhalten beobachtet. Vor allem der einwandfreie Zustand der Einrichtungen, Sauberkeit, Ordentlichkeit, die ausreichende Anzahl von Lehrern und die Zustimmung zu tadellosem Benehmen haben sich als wirksamer Schutz gegen kriminelles Verhalten erwiesen.

  • Schließlich spielt das Geschlecht eine wichtige Rolle: Bei Jungen ist die Wahrscheinlichkeit für asoziales Verhalten zwei- oder dreimal größer als bei Mädchen. Des Weiteren treten bei Jungen die ersten Symptome viel früher auf als bei Mädchen.

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass die Einführung der Jugendlichen in normale gesellschaftliche Beziehungen sowohl bei der Vorbeugung als auch bei der Bekämpfung von asozialem Verhalten bedeutende Verbesserungen bewirken kann.

 

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