Andacht vom 27.06.2004:
Feindschaft
... und konnten ihm kein freundliches Wort sagen. 1. Mose 37,4
Und das unter Brüdern! Ist zwar schon lange her, aber deshalb bei weitem nicht aus der Welt geschafft - im Gegenteil! Kein freundliches Wort im engsten Lebenskreis, in Familie und Gemeinde! Stattdessen Verärgerung, Missgunst, Rechthaberei! Die Folge? Auch die nennt die Bibel: "... sie wurden ihm feind." So geschehen zwischen Josef und seinen Brüdern. Und die Geschichte zeigt: Derartige Feindschaft kann dauern! Wo es am guten Wort, am freundlichen Wort fehlt, wird Gemeinschaft krank und zerbricht.
Wo und wie aber lässt sich das Verlorene wieder erlangen? Überdenken wir's - ganz für uns:
Erst Denken - dann Reden
Erst Denken - dann Reden
Freilich: Reden ist schöner als Hören, Reden ist auch leichter als Zuhören. Selbstgefälliges Reden wird für wichtig und richtig gehalten. Reden steht hoch im Kurs, selbst wenn keiner mehr hinhört, lautstarkes Reden braucht schließlich auch keine Zuhörer mehr. Wer hört noch hin? Trotzdem wird geredet, immer lauter - aber dabei erstirbt das gute Wort - und gerade darauf kommt es an im täglichen Miteinander.
Der Christ lebt vom Wort. Das steht so in der Bibel. Woher aber wird mir das gute Wort, auf das ich heute angewiesen bin?
"Dein Wort ward meine Speise." Hilfeschrei in den Evangelien: "Sprich nur ein Wort!" - und Jesus erhört den Mann.
In der Stille des Betens wächst die Erfahrung, wird zur Gewissheit: Jemand hört mich; ich werde erhört - vom Vater im Himmel.
Inniges Flehen im Abendgebet Davids: "Erhöre mich, wenn ich rufe ... der du mich tröstest in Angst; sei mir gnädig und erhöre mein Gebet!" (Ps 4,2.3) Wo Gottes Friede einkehrt, wo seine Gnade angenommen wird, da lösen sich Krampf und Verbitterung. Dem, der guten Willens ist, wird auch das gute Wort geschenkt, das feindseliges Schweigen bricht. Und darauf hat der andere vielleicht schon lange gewartet.
Renate Poller
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.