Andacht vom 29.05.2009:
Du bist das Gotteshaus!
Und auch ihr, als lebendige Steine erbaut euch zum geistlichen Hause und zur heiligen Priesterschaft, zu opfern geistliche Opfer, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus. 1. Petrus 2,5
Dome, Kathedralen, Basiliken: Prachtbauten aus vergangener Zeit, Touristenattraktionen, Kunstobjekte. Dome, Kathedralen, Basiliken: auch Gotteshäuser? Gebetshäuser? Orte der Begegnung?
Würde der Jerusalemer Tempel heute noch stehen, könnte er bestimmt mit den oben genannten Gebäuden mithalten. Zur Zeit des Alten Testaments hat sich ein großer Teil des religiösen Lebens um den Opferdienst und den Tempel gedreht. Er war der Stolz der Juden, auch der Jünger Jesu (Mt 24). Jeder fromme Jude ist mindestens einmal im Jahr nach Jerusalem gepilgert, um im Tempel anzubeten oder ein Fest zu feiern. Die mit dem Tempel verbundenen Aufgaben waren klar verteilt: Hohepriester, Priester und Leviten - sie alle hatten ihre Funktion. Die Gläubigen ihrerseits wussten, was sie im Tempel zu tun und zu lassen hatten. Mit der neutestamentlichten Gemeinde kommt eine radikale Wende. Der Vorhang im Tempel, der das Heilige vom Allerheiligsten getrennt hatte, reißt entzwei. Im Jahre 70. n. Chr. wird der Tempel sogar zerstört. Hatte nicht Jesus der Samaritanerin am Jakobsbrunnen vorausgesagt: "Es kommt die Zeit... in der die wahren Anbeter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit..." (Joh 4,23)?
Petrus sagt uns in unserem Text, dass nicht die Kapelle, sondern du und ich das Haus Gottes sind. Wir sollen lebendige Steine sein - eine merkwürdige Mischung aus Stabilität und Flexibilität. Jeder Stein im Hause Gottes soll Halt geben, zugleich aber leben und wachsen können. Weil Gott mit seinem Geist in uns wohnen möchte, ist jeder Gläubige ein Tempel.
Dieses Bewusstsein macht nicht den wöchentlichen Gottesdienst, sondern den aus der Freundschaft mit Gott gelebten Alltag zum Mittelpunkt unseres Glaubens. Der Gottesdienst bleibt allerdings ein notwendiger und schöner Höhepunkt im Leben der Gläubigen.
Gott helfe uns, dass wir das Schwergewicht und die Prioritäten immer wieder richtig setzen.
Christian Frei
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.