Andacht vom 08.07.2009:
In der Bibel lesen? Wozu?
Und von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade. Johannes 1,16
Im Taxi. Der Fahrer ist sehr gesprächig und erzählt so dies und das. Er fragt auch danach, zu welcher Veranstaltung wir fahren. Ich erkläre ihm, dass wir ein Studium über die Bibel durchführen wollen und frage meinerseits: "Lesen Sie auch in der Bibel?" Da sagt er, dass er jeden Tag betet, und zwar das Gebet, das er von seiner Mutter gelernt hat. Mehr als vierzig Jahre mache er das schon so. Ich erwidere: "Das ist gut, aber es ist auch wichtig, in der Bibel zu lesen." Schweigen. Er wechselt das Thema.
Ich will nicht behaupten, dass Gott das gelernte Gebet des Mannes nicht erhört, aber geht es ohne Gottes Wort in unserem Leben? Ist das Gebet lediglich eine stille Reserve? Ist es nicht vielmehr der Weg zur Gnade Gottes? Man könnte jetzt über Gewohnheiten philosophieren. Gewohnheiten sind nützlich, um Gutes zu behalten, können aber auch gefährlich sein, wenn eine Sache zur bloßen Form wird. Steht nicht "gewohnheitsmäßig" oft genug im Gegensatz zu "lebendig"?
Wenn wir an Jesus glauben, sind wir überzeugt, dass wir durch seine Gnade Vergebung und Annahme bei Gott gefunden haben. Ist das nicht genug? Da sagt Johannes, dass wir genommen haben "Gnade um Gnade" oder "Gnade über Gnade", das heißt viel Gnade und immer wieder Gnade! "In diesem einen kurzen Satz spricht sich das eigentliche Wesen des Christenlebens aus." (Werner de Boor)
Das menschliche Leben ist eine ständige Auseinandersetzung mit Problemen, Anfechtungen und den eigenen sündigen Veranlagungen. Manchmal kommt's hart, manchmal geht's leichter im Leben. Nie aber finden wir den richtigen Weg ohne die Gnade Gottes. Keiner erreicht das Reich Gottes durch sein eigenes Streben und Bemühen. Unsere Irrtumsanfälligkeit und geistliche Blindheit können uns schnell auf Abwege führen. Deshalb dürfen wir wissen, dass eine "Fülle" von Gnade für uns bereit steht. Paulus sagt von Jesus: "Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig." (Kol 2,9) Diese Fülle ist unerschöpflich.
Aber was hilft es, wenn im Himmel ein riesiges "Vorratshaus" auf uns wartet, und wir kommen nicht um zu holen, was wir brauchen? Wenn Johannes sagt: "Wir haben alle genommen Gnade um Gnade", dann drückt er damit seine tiefe Dankbarkeit aus. Aus Liebe zu Jesus bitten wir um seine Gnade für jeden Tag unseres Lebens, auch für heute.
Konrad Edel
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.
