Andacht vom 26.11.2009:
In der Stille liegt die Kraft
Auf dem Berg Zion kann man dir, o Gott, begegnen: wenn man dich still anbetet, dir Loblieder singt und das einlöst, was man dir versprochen hat. Psalm 65,2 (Hoffnung für alle)
Bald wird es aus den Lautsprechern der Kaufhäuser immer wieder tönen: "Stille Nacht ..." Von Stille ist allerdings keine Spur! In den Filialen einer Kaufhauskette beschwerten sich während der "Adventszeit" so viele Kunden über die laute Beschallung mit Weihnachtsmusik, dass diese drastisch reduziert wurde.
Die Entwickler von technischem Gerät erkennen inzwischen im neuen Bedürfnis nach Stille eine Marktlücke. Ein japanischer Mobilfunknetzbetreiber entwickelt beispielsweise ein neues Handy, das lautloses Telefonieren erlaubt. Sensoren erfassen dabei die elektrischen Signale, die von der Gesichtsmuskulatur beim tonlosen Formulieren von Worten ausgehen. Eine spezielle Elektronik übersetzt diese anschließend wahlweise in künstliche Sprache oder in elektronische Nachrichten (SMS). Ich erhoffe mir eine weite Verbreitung dieses Geräts - besonders bei mitteilungsfreudigen Mitbahnfahrern!
In der Stille Gott anbeten, davon ist in unserem Bibelwort die Rede. Luther übersetzte: "Gott, man lobt dich in der Stille ..." Andere Übersetzer hatten scheinbar Probleme, Lobpreis und Stille "unter einen Hut" zu bringen, darum haben sie diesen Aspekt der Stille ganz weggelassen und reden nur von Lobpreis und der Erfüllung unserer Gelübde.
Dabei geht dieser Text nach dem hebräischen Grundtext sogar einen Schritt weiter. Wörtlich heißt es nämlich: "Für dich ist Schweigen Lobpreis." Diesen Gedanken finde ich faszinierend: So sehr sich Gott über unsere Lieder und unsere (laut oder leise gesprochenen) Gebete freut - es gibt Situationen im Leben, in denen unser Schweigen wertvoller sein kann als Reden und Singen.
Unser Schweigen vor Gott mag deswegen so wertvoll sein, weil darin unsere Abhängigkeit von ihm und unser Vertrauen zu ihm zum Ausdruck kommen. Vor Gott schweigen kann auch bedeuten, dass wir zu unseren Fehlern stehen und sie ihm gern, ohne Ausreden oder Entschuldigungen bekennen. In der Gegenwart Gottes kniend schweigen: Kann man denn eindrucksvoller signalisieren, dass wir ganz Ohr für das sein wollen, was er uns zu sagen hat?
In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine besinnliche, leise und hörbereite Adventszeit.
Elí Diez-Prida
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.