Andacht vom 15.08.2004:
Geduld
Es ist ein köstlich Ding, geduldig sein und auf die Hilfe des Herrn hoffen. Klagelieder 3,26
Nicht nur die Sprache des Textes verrät, dass es sich hier um keinen modernen Ausspruch handelt. Auch der Inhalt versetzt uns ein wenig in Staunen. Wie kann Geduldigsein ein "köstlich Ding", etwas Schönes, Angenehmes, Erfreuliches sein?
Nach Feierabend will ich schnell etwas einkaufen, nur zwei Kleinigkeiten, und dann warte ich zehn Minuten an der Kasse zum Bezahlen. Wieso hat denn mein Vordermann das Geld nicht schon abgezählt bereit? Hätte doch genügend Zeit dazu gehabt! Jetzt kramt er auch noch nach Cent. Ich trippele ungeduldig von einem Bein aufs andere, atme tief und für meinen "trödeligen" Vordermann hörbar aus. Ich kann mir gerade noch auf die Zunge beißen, um nicht einen bissigen Kommentar abzugeben. Endlich geschafft, rein ins Auto und ab nach Hause. Oder besser: bis zur nächsten Ampel. "Rot" musste ja kommen. Die Sekunden schleichen. Endlich "Grün". Wieso fährt der vor mir nicht? Am Ende schaffe ich es mit Ach und Krach bei "Gelb" gerade noch über die Kreuzung.
Zwei von unzähligen Beispielen, die zeigen, dass Geduld in unserer Zeit eine wenig verbreitete Tugend ist. So viel wie möglich in kürzester Zeit zu bewältigen ist ein Erfolgsrezept unserer Tage. Ein gutes Rezept?
Der Schreiber des Bibelverses verbindet mit dem Geduldigsein etwas sehr Wesentliches: das Hoffen auf die Hilfe des Herrn. Dazu bedarf es aber der Ruhe und der Zeit. Viele Entscheidungen treffen wir, ohne nach Gottes Willen zu fragen. Ja, in unserer Hektik und dem Stress vergessen wir Gott manchmal.
Auch am heutigen Tage gibt es viele Möglichkeiten, Geduld zu lernen und bewusst mit Gott zu leben.
Sandra C. Wieschollek
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.