Andacht vom 04.03.2011:
Dann kam einer der verachteten Samariter vorbei. Als er den Verletzten sah, hatte er Mitleid mit ihm. Er beugte sich zu ihm hinunter, behandelte seine Wunden mit Öl und Wein und verband sie. Dann hob er ihn auf sein Reittier und brachte ihn in den nächsten Gasthof, wo er den Kranken besser pflegen und versorgen konnte. Lukas 10,33.34 (Hoffnung für alle)
Auf der anderen Straßenseite sah ich vor einiger Zeit eine Frau in dunkler Trauerkleidung. Sie hatte bestimmt einen geliebten Menschen verloren. Eine andere Dame fuhr mit dem Fahrrad an ihr vorbei, winkte ihr zu und rief, während sie eilig weiterradelte: "Herzliches Beileid!" Was man doch alles vom Fahrrad aus im Vorbeifahren erledigen kann! Müsste man in dem Fall nicht absteigen, zu dem Menschen hingehen, um wirklich von Herzen an seinem Kummer und Leid Anteil zu nehmen?
Das ist es wohl, was Jesus in der Begebenheit vom barmherzigen Samariter einem Gesetzeslehrer zu sagen hatte, der mit ihm über wichtige theologische Fragen diskutieren wollte und dabei ungewollt mit der Anfrage an seine Mitmenschlichkeit konfrontiert wurde. Die Geschichte, die Jesus erzählte, musste schockierend auf ihn wirken: Zwei Gesetzeskundige gingen am Übefallenen mitleid- und tatenlos vorbei, der hilflos und halbtot am Wegesrand lag. Vielleicht hatten sie ihm im Stillen herzliches Beileid gewünscht, während sie ihren Schritt beschleunigten. Wie liebevoll und in Einzelheiten erzählte Jesus dagegen von dem Reisenden aus Samarien, der umsichtig und mitfühlend nicht nur die Erst Versorgung vornahm, sondern sogar noch Mittel für die weitere Versorgung des Schwerverletzten bereitstellte.
Mit der Aufforderung an den Gesetzeslehrer und an uns, unseren Mitmenschen mitfühlend und anteilnehmend zu begegnen, ist die Geschichte sicher lange nicht ausgeschöpft. Im barmherzigen Samariter begegnet uns Jesus selbst. Er, der die himmlische Umgebung verließ und zu uns "auf die andere Straßenseite kam", weil es ihm nicht genügte, Menschen, die in Leid und Kummer leben, aus sicherer Entfernung nur ein "Herzliches Beileid" zuzurufen. Jesus zahlte mit dem höchsten Preis, den es gibt -mit dem eigenen Leben als Sohn Gottes -, um uns nicht nur in den täglichen Bedürfnissen seine Hilfe anzubieten, sondern uns für die Zukunft ein Leben mit ihm in einer erneuerten Welt vorzubereiten. Dafür danke ich ihm jeden Tag aufs Neue!
Johannes Fiedler
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.