Andacht vom 26.09.2004:
Das Spiegelbild
Wir alle sehen mit unverhülltem Gesicht die Herrlichkeit des Herrn. Dabei werden wir selbst in das verwandelt, was wir sehen, und bekommen mehr und mehr Anteil an seiner Herrlichkeit. Das bewirkt der Herr durch seinen Geist. 2. Korinther 3,18 (Die Gute Nachricht)
Von Lukas Cranach d. Ä. wird erzählt, dass er von Hof zu Hof zog, um Adlige zu malen. So sollte er auch einen Grafen und seine Frau auf einem Bilde festhalten. Von den Bediensteten erfährt er, dass der Graf ein harter Ausbeuter ist, die Gräfin jedoch das Gegenteil. Sie versucht den Schaden, den ihr Mann anrichtet, wieder gut zu machen. Der Maler bittet, dass man das Bild erst nach seiner Vollendung betrachte.
Das Gemälde ist fertig. Zu Ehren des Künstlers gibt der Graf ein Fest. Das Bild wird enthüllt, und alle betrachten es neugierig. Da tuschelt man: "Wenn wir den zum Grafen hätten, wäre es gut."
Später hängt der Graf das Bild in seinem Zimmer neben einen Spiegel und vergleicht: Dieser Mund auf dem Gemälde ist so gütig, seiner so brutal. Diese Augen haben so ein fröhliches Lachen, seine blicken finster und kalt. Ja, der Mann auf dem Bild passt genau zu seiner Frau. Und es schlägt bei ihm ein: So möchte ich werden! Immer wieder betrachtet er das Gemälde und sein Spiegelbild. Mit den Jahren verändert sich sein Wesen völlig. Er wird die Güte selbst. Seine Gesichtszüge gleichen nun tatsächlich denen auf dem Bild.
In der Bibel finden wir beides: unser Spiegelbild und das Bild, wie wir sein sollen. Wie ein Spiegel unser Gesicht zurückwirft, so zeigt Gottes Wort unseren Charakter. Deutlich erkennen wir jede Schwäche. Wir sehen aber auch das Bild, in das uns Gott umgestalten will. Nur indem wir immer wieder in der Bibel lesen und in uns das Verlangen wächst, wie unser Herr zu werden, kann Gott unser Wesen verwandeln.
Kurt Selchow
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.