Andacht vom 21.04.2012:
"Ich habe eine große Schuld auf mich geladen und einen Unschuldigen verraten!", bekannte [Judas]. "Was geht uns das an?", gaben [die Hohenpriester] ihm zur Antwort. "Das ist deine Sache!" Matthäus 27,4 (Hoffnung für alle)
Da bekannte sich einer schuldig, sah sein Unrecht ein und war innerlich zerbrochen, weil er spürte: Ich bin dem menschlichen Verlangen nach Macht, Ansehen und Reichtum auf den Leim gegangen.
Doch es gab kein Zurück: Die Hohenpriester waren fest entschlossen, Jesus töten zu lassen. Die Einsicht und das Bekenntnis der Schuld ließen sie kalt. Sie hatten ihr Ziel erreicht. Dass Judas an dieser Schuld zerbrach, interessierte sie nicht; das war nicht zu überhören: "Was geht uns das an?"
Wie tief können menschliche Worte einen Menschen verletzen! Weder waren sie entrüstet noch hatten sie Mitgefühl für sein Bekenntnis "Ich habe eine große Schuld auf mich geladen". Für sie war der Fall Judas abgeschlossen. Die Angst und Verzweiflung, die ihn jetzt innerlich erfüllten, standen ihrer inneren Überlegenheit entgegen. Da war niemand, der den inneren Schrei hörte oder sich seiner Not annahm.
An dieser Stelle sollten wir uns fragen: Haben wir noch offene Augen und Ohren für den verzweifelten Ruf anderer Menschen, der auf verschiedene Weise an unser Ohr dringt? Manchmal erschrickt man über seine eigenen Empfindungen, ehe man sich dem Anderen zuwendet.
Der Ablehnung der Obersten (Was gehen uns deine Schuld und deine Situation an?) steht die Gesinnung entgegen, die Jesus stets zeigte. Sein Verhalten lehrt uns: Höre zu und rede mit dem, der dich darum mit Worten oder Gesten bittet. Verschließe nicht dein Herz, erweise ihm Liebe und Barmherzigkeit, wie er sie auch uns geschenkt hat (siehe Mt 18,32.33).
Es ist an der Zeit, unsere Augen und unser Herz nicht vor der Not des Anderen zu verschließen, sondern vielmehr zu zeigen, dass wir ihn und sein Anliegen ernst nehmen und offen sind für seine Fragen und Probleme, insbesondere die über Schuld und Erlösung.
Nur Jesus kann uns bewahren vor der inneren Kälte und Gleichgültigkeit. Nur er kann uns mit so viel Liebe erfüllen, dass sie unser Herz durchströmt, auch Andere wärmt und ihnen Lebensmut vermittelt. Nur Jesus ist das Fundament, auf dem wir so bauen können, dass es in schwierigen Zeiten standhält. Ihn zu bezeugen, ist unser großes Vorrecht als Kinder Gottes.
Siegfried Öhler
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.