Andacht vom 20.04.2012:
Habt im Umgang miteinander stets vor Augen, was für einen Maßstab Jesus Christus gesetzt hat: Er war in allem Gott gleich, und doch hielt er nicht daran fest, zu sein wie Gott ... Er wurde ein Mensch in dieser Welt und teilte das Leben der Menschen. Philipper 2,5-7 (Gute Nachricht Bibel)
"Nie gehe ich ungeschminkt aus dem Haus. Nicht mal, wenn ich Müll runtertrage", sagt die junge Frau. Meine erstaunte Rückfrage nach dem Grund des Aufwandes angesichts von Abfalltonnen wird so beantwortet: "Ohne Make-up fühle ich mich nackt." Schatten unter den Augen, alles, was einem am eigenen Ich hässlich und fehlerhaft vorkommt, muss übertüncht werden. Irgendwann weiß dann keiner mehr, wie man wirklich ist. Und man erliegt der Vorstellung, allen Makel an der eigenen Person ausmerzen zu können, weil den ja niemand sieht.
So beginnt Allmachtswahn. Körper, Seele und Geist werden beständig auf Vordermann gebracht. Doch immerzu lauert die Angst, all das nicht mehr zu bewältigen und sich dann versehentlich eine Blöße zu geben.
Stärken und Schwächen, Wissen und Ratlosigkeit gehören zu jeder menschlichen Existenz dazu. Unvollkommenheit an sich zu akzeptieren ist schwer. Und es dauert lange, bis man lernt, kindliche Empfindsamkeit, jugendlichen Überschwang, erwachsene Stärke und das Wissen um Endlichkeit gelassen in sich aufzunehmen. Was der "perfekte" Mensch an sich selbst oft erbarmungslos kaschiert, kann er auch an anderen nicht akzeptieren oder lieben. Ein sympathisches, mitfühlendes Miteinander aber gibt es nur, wenn man seine Ohnmacht auch anderen zeigen kann: Auch ich besitze Stärken und Schwächen und habe manch törichte Entscheidung getroffen.
Im Philipperbrief schrieb Paulus, dass Jesus, der "in göttlicher Gestalt" war, nicht krampfhaft an seinem Gott-gleich-Sein festhielt, sondern er "entäußerte" sich, nahm die Gestalt eines Knechts an und wurde uns Menschen gleich (Phil 2,6.7). Damit hat er, wie die Gute Nachricht Bibel übersetzt, für uns "einen Maßstab" gesetzt.
Selbstherrlich zu leben, andere abzuwerten, das ist unmenschlich. Jünger Jesu werden gern dem Vorbild ihres Meisters Jesus folgen und, wie er, sich für ihre Mitmenschen und ihre Umwelt einsetzen. Von ihm aufgewertet, werden sie Freude und Erfüllung darin finden, zur Entfaltung und Aufwertung anderer beizutragen.
Beate Strobel
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.