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Andacht vom 16.08.2012:

Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld. Galater 5,22a

Alle diese Wesenszüge sind dem Menschen nicht in die Wiege gelegt. Der eine entwickelt mehr, der andere weniger davon. Der Apostel Paulus nennt sie die "Frucht des Geistes". Das bedeutet: in der gemeinten Form werden sie von Gott in den Menschen gewirkt, die aus der Vertrauensbeziehung zu ihm leben. In ihnen werden sie zu einer Lebenseinstellung heranreifen.

Am Beispiel der Geduld lässt sich das veranschaulichen: Ein Baby fängt an zu schreien, wenn es Hunger hat - es wird unbewusst "ungeduldig". Das muss es auch sein. Die Mutter reagiert meist mit "Moment, ein wenig Geduld - ich komme ja schon!" Da fängt bereits die Erziehung an.

Dies hat jedoch nichts mit der "Geduld" zu tun, von der Paulus spricht. Die "Frucht des Geistes" ist "Langmut" (Gal 5,22 EB). Vorbild dafür ist die Langmut Gottes gegenüber uns, damit wir erlöst werden (1 Ptr 3,20a EB; 2 Ptr 3,15a EB). Wer die Langmut und Barmherzigkeit Gottes erfahren hat, soll sie auch seinen Mitmenschen erweisen, lehrte Jesus im "Gleichnis vom Schalksknecht" (Mt 18,2633). Diese Langmut ist also keine passive Tugend, sondern ein aktives Tun dem Nächsten gegenüber, das aus Liebe motiviert ist, denn "die Liebe ist langmütig" (1 Kor 13,4).

Die Langmut eines Christen ist auch keine "Schafsgeduld", die alles hinnimmt. So hatte die Geduld Jesu ein Ende, als er im Tempel die Händler, Käufer und Geldwechsler vertrieb - getrieben vom Eifer um die Ehre Gottes und auch empört darüber, wie dort arme Menschen ausgebeutet wurden (Mt 21,12.13). Auch vom Apostel Paulus wird berichtet, dass er nicht alles hinnahm. Als ihm eine Geißelung drohte, berief er sich auf sein römisches Bürgerrecht (siehe Apg 22,23-29).

Das Wort "Geduld" in der Lutherübersetzung hat an manchen Stellen noch einen ganz anderen Sinn. Es bedeutet (nach dem Grundtext) "Ausharren". "Wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird errettet werden", sagte Jesus (Mk 13,13 EB). Und wenn in der Offenbarung von der "Geduld der Heiligen" die Rede ist (Offb 14,12a), dann ist damit "Stand-haftigkeit" gemeint (vgl. (GNB/Hfa).

Ich wünsche uns allen die nötige Geduld in ihren verschiedenen Formen: die Geduld im Warten auf die Wiederkunft Jesu, die Langmut im Verhalten gegenüber anderen und die Standhaftigkeit in Bedrängnissen aufgrund unseres Glaubens.

Hans Wilhelm

Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.

 

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