Andacht vom 28.05.2005:
Reise ins Unbekannte
Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir. Psalm 139,5
Ich will gar nicht immerfort woandershin - aber es können dürfen. Dieser Satz stammt aus einer überwundenen Zeit. Damals war das Wort "Weltreise" aus dem ostdeutschen Sprachgebrauch verbannt. Denn die verordnete Weltanschauung untersagte, die Welt anzuschauen. Das holen die ehemaligen DDR-Bürger jetzt gehörig nach. Wer wollte ihnen das verdenken? Neugier und Entdeckungsfreude sind nicht totzukriegen. Wenn die übergroße Reiselust nur nicht Flucht vor innerer Leere ist! Ich hab' Paris gesehn, Venedig und Athen. Ich rase über Pisten mit anderen Touristen. Und wenn ich wiederkehre, bleibt dennoch eine Leere.
So singt Gerhard Schöne. Natürlich will ich weder dir noch mir die nächste Urlaubsreise vermiesen. Im Gegenteil, wir sollten eine zusätzliche Reise buchen - in ein unbekanntes Land: zu uns selbst. Immer wieder versucht der Mensch, zu sich selber zu finden, indem er vor Gott flieht.
Der Beter des 139. Psalms empfindet die Nähe Gottes nicht als Bedrückung. Er fühlt sich nicht umzingelt, sondern umsorgt. Weil Gott mit ihm etwas im Sinn hat, erscheint dem Psalmisten sein Leben nicht sinnlos. Er kommt zu sich selbst, wie man nach Hause kommt.
Noch einmal Gerhard Schöne: Leer sind die Batterien. Ich hab' es satt zu fliehn. Komm zu mir, Gott des Lebens, dass ich nicht leb' vergebens.
Werner Jelinek
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.