Andacht vom 27.05.2005:
Noch vierzig Tage...
Und es geschah das Wort des Herrn zum zweiten Mal zu Jona: Mach dich auf, geh in die große Stadt Ninive und predige ihr, was ich dir sage!... Und als Jona anfing, in die Stadt hineinzugehen ... predigte er und sprach: Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen. Da glaubten die Leute von Ninive an Gott und ließen ein Fasten ausrufen ... Als aber Gott ihr Tun sah, wie sie sich bekehrten ... reute ihn das Übel... und tat's nicht. Jona 3,1.2.4.5.10
Dies ist eine der bekanntesten Geschichten des Alten Testamentes, fast jedem bekannt. Schade! Wieso? Weil keiner mehr richtig hinhört; dabei hat sie äußerst Wichtiges zu sagen. Erstens: Es kommt ein Tag der Vergeltung, an dem jeder zur Verantwortung gerufen wird - für jedes Wort, jede Tat. Ninive ist an dieser Tatsache achtlos vorbeigegangen. Aber dann hieß es: In 40 Tagen ist alles aus.
Nun folgt die zweite, kaum fassbare Überraschung. Eine verlotterte, verbrecherische Stadt schlüpft ohne zu zögern tief betroffen in den Bußmantel. War denn die Predigt so gut? Sicher nicht. Das Geschehen in Ninive ist die große Ausnahme. Oder nicht? Denn man muss doch fragen, warum heute nicht so laut und gellend um Hilfe gerufen wird. Wissen wir etwa nicht genug über die Sünde Bescheid und erkennen deshalb nicht ihr abscheuliches Wesen? Das kann sich ändern, wenn wir das dritte Überraschende hören: Gottes Antwort. Denn sie ist das Größte und Schönste in dieser Geschichte. Sie erstaunt uns ebenso wie die unerwartet schnelle Umkehr Ninives. Gott zeigt hier, was wahre Gerechtigkeit ist. Sie erschöpft sich nicht im richtigen Urteil. Bestrafen kann schließlich jeder! Aber helfen, den Sünder zurecht bringen oder gar ins Recht setzen, das kann nur Gott. Dazu aber braucht er Menschen, die sich helfen lassen. Sie müssen begriffen haben, dass sich jemand um sie kümmern muss, der in göttlicher Vollmacht die zum Himmel schreiende Sünde mit heilender Gnade zum Schweigen bringt. Das hat Jona fassungslos gemacht.
Georg Richter
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.