Andacht vom 18.06.2005:
Zwischenmenschliches
Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. Römer 12,17.18
"Wir ziehen fort von hier", erklärte mir eine Nachbarin, "hier gibt's ja Leute, die gucken einen nicht mehr an, die grüßen nicht einmal." In der kleinen Siedlung, wo sie wohnte, sind zuweilen Entscheidungen zu fällen, die alle betreffen. Da sah sich die Frau gezwungen, ihre Meinung zu vertreten. Vielleicht war sie darin etwas zu kompromisslos und hat sich dadurch den Unmut der Nachbarn zugezogen. Nun kann sie es dort nicht mehr aushalten.
Für viele gibt es nur zwei Verhaltensweisen: Entweder der andere verhält sich so, wie es nach ihrer Ansicht vernünftig und richtig ist, dann ist er ein guter Mensch; oder er entspricht nicht ihren Vorstellungen, dann schauen sie ihn nicht mehr an. Es wird gar nicht erst der Versuch gemacht, sich in das Denken und Fühlen des anderen zu versetzen, ihn zu verstehen. Darum aber wird sich ein Christ in erster Linie bemühen müssen. Vielleicht lässt sich eine Brücke zu dem Andersdenkenden schlagen. Manchmal ist das jedoch bei allem guten Willen nicht möglich. Dann ist der biblische Rat aktuell: "Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort", wie Petrus sagt (1 Pt 3,9). "Soviel an euch liegt ...", betont Paulus. Manchmal liegt es nicht an uns, wenn wir mit einem anderen Menschen keinen Frieden haben. Dann aber sollen wir unser Gegenüber nicht wie einen Feind behandeln. Gott wird uns die Kraft geben, den anderen freundlich zu grüßen, auch wenn sein Gesicht bei unserem Anblick wie versteinert ist. Denn "wie das Leben so spielt", möglicherweise brauche ich meinen Mitmenschen in einer unvorhergesehenen Situation und stelle dann fest, dass sein Widerwille mir gegenüber längst nicht mehr so heftig ist, weil ich nie unfreundlich geworden bin. Wer kann wissen, was kommt? Es sind schon aus Feinden gute Nachbarn geworden.
"Auf Gutes bedacht sein gegenüber jedermann" ist ein hilfreicher Rat. Ihn zu befolgen erfordert Kraft und Selbstüberwindung. Beides will uns Gott schenken, denn er gibt, was wir nicht haben.
Konrad Edel
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.
