Andacht vom 15.10.2005:
Licht oder Schein?
Ihr seid das licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berg liegt, nicht verborgen sein. Matthäus 5,14
Vor einigen Jahren fuhr ich mit Blinden und Sehbehinderten in ein ungarisches Thermalbad. Jeden Tag waren wir mit der ganzen Gruppe im großen Park, in dem sich die verschiedenen Wasserbecken befanden. Durch unsere Wassergymnastik, an der auch jeder andere Badegast teilnehmen durfte, war man auf uns aufmerksam geworden. Was uns aber so beliebt machte, war etwas anderes: "Wie fürsorglich sie miteinander umgehen, ob die Sehbehinderten unter sich oder die sehenden Begleitpersonen mit den Nichtsehenden. Und wie fröhlich sie sind, trotz ihrer Sehbehinderung!"
Welches Bild vermitteln wir als Christen in dieser Welt? Beschränkt sich unser Christsein auf ein eingeübtes freundliches Gespräch und ein psychologisch ausgefeiltes Verhalten? Oder leben wir täglich den christlichen Glauben mit allen Höhen und Tiefen aus?
Nachfolger Jesu sind keine Schauspieler, die eine Rolle darstellen, sondern Menschen, die das in Wort und Tat weitergeben, was sie mit Gott erlebt haben. Sie werden gesehen und beobachtet: Wie meistern sie ihr Leben? Wie werden sie mit Höhen und Tiefen fertig? Machen Höhenflüge sie stolz? Bleiben sie nach erbrachter Leistung demütig? Wie gehen sie mit eigener, wie mit fremder Schuld um? Nehmen sie Vergebung an? Sind sie selbst bereit zu vergeben?
Glaubwürdig werden Nachfolger Jesu oft erst dann, wenn sie selbst die eine oder andere Not ausgehalten haben, wenn sich gezeigt hat, dass christliche Hoffnung die Kraftquelle ihres Lebens ist. Ihr Beispiel weckt in anderen die Sehnsucht, auch so glauben zu können. Menschen, die dieser Sehnsucht nachgeben, finden ihren Weg zu Gott. Sie fühlen sich zu Jesus hingezogen, aber auch zu den Menschen, deren "Licht" sie schon lange beobachtet haben.
Helmut Kraus
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.