Andacht vom 01.08.2006:
Nachttauchgang
Kommt nun, ... lasst uns wandeln im Licht des HERRN! Jesaja 2,5
Eines der schönsten Erlebnisse für einen Taucher ist es, einen Nachttauchgang zu unternehmen. Was soll daran schön sein, mit einem Scheinwerfer in einer total dunklen Welt herumzuleuchten, fragen sich manche. Die Antwort lautet: Es ist das konzentrierte - weil reduzierte - Beobachten.
Taucht man tagsüber, sind die Sinne fasziniert von allem Schönen, das einen umgibt, die vielen Fische und die schönen Unterwasserlandschaften. Nachts sieht man nur das, was im Lichtkegel des Scheinwerfers zu sehen ist. Und weil alles andere sozusagen ausgeschaltet ist, nimmt man das, was man sieht, viel stärker wahr. Man sieht die kleinen unscheinbaren Tiere, über die man tagsüber achtlos hinwegpaddelt; man sieht die besondere Korallenform, die einem noch nie auffiel; man sieht die kleinen Schnecken über das Riff kriechen, deren Farben nur im künstlichen Licht bunt erscheinen.
Jesaja ruft sein Volk auf, im Licht Gottes zu wandeln. Mich erinnert das an einen meiner schönsten Nachttauchgänge. Da ich nur eine schwache Leihlampe hatte, hielt ich mich an den Tauchlehrer, der einen starken Scheinwerfer hatte und in dessen Licht wir unwahrscheinlich schöne Dinge sehen konnten. Ich durfte sehen, wie eine große Meeresschildkröte sich über das Riff bewegte, sah bunte Fische, große und kleine. Ich wandelte im Licht meines Lehrers.
So betrachtet ist der Text nicht nur ein moralischer Appell, sondern die Einladung, beim Wandeln im Lichte Gottes Dinge zu sehen, die uns sonst entgehen würden. Auf die Kleinigkeiten zu achten, über die wir ohne Gott hinwegstolpern würden.
Wir dürfen nicht vergessen, dass der Text vom "Wandeln" spricht, nicht vom Stehenbleiben. Wenn man etwas sehen will, muss man in Bewegung bleiben. Manchmal bin ich selbst so antriebslos, dass jemand anderes mich dazu ermutigen muss. Genauso macht es auch der Text. Er sagt: "Kommt ..." Wenn wir Dinge mit Gott erleben wollen, dann müssen wir uns aufraffen, losgehen und hinschauen.
Dennis Meier
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.
