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Verfasser:Mag. Kurt Piesslinger
Erschienen in:Top Life Aktuell 1704

Zwingli

Wildhaus, der Geburtsort Zwinglis, hoch in den Schweizer Alpen gelegen, ist mit seiner wilden Romantik das Gebirgsnest des Reformators der Schweiz. Im Angesicht der bizarren Gipfel der sieben Churfürsten erlebt Zwingli seine ersten Lebensjahre. Lange Winter mit dicker Schneedecke und kurze Sommer, in denen man sich beeilen muss, um das Heu in die Scheunen zu bringen, prägen die Menschen. Angesichts dieses harten Lebens der Bergbauern erfährt der kleine Junge bereits, dass nur der, der vorausschauend unterwegs ist und die sich ihm öffnenden Zeitfenster nützt, im Leben bestehen kann.

An den langen Winterabenden hört Zwingli zu den Füßen seiner Großmutter die ersten Geschichten aus der Bibel, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Inmitten der mächtigen Bergwelt der Alpen beginnt der Junge etwas von der Majestät Gottes, der diese grandiose Natur geschaffen hat, zu ahnen. Der hochbegabte Jüngling fällt an jeder Schule aufgrund seiner überragenden Intelligenz schnell auf.

Zwingli studiert an mehreren Orten. Der wichtigste Studienort für ihn wird Basel. Dort begegnet der Achtzehnjährige dem Lehrer Thomas Wyttenbach, der aufgrund seiner Hebräisch- und Griechisch-Studien die Bibel näher kennengelernt hat. Wyttenbach war ein Schüler Reuchlins, des berühmten Professors für Hebräisch. Entscheidend für Zwinglis Zukunft wird die Erkenntnis von der freien Gnade Gottes. Der Preis für unsere Sünden wurde am Kreuz bezahlt. Das ist die vollständige Genugtuung für unsere Sünden. So erfährt Zwingli Grundlegendes in Bezug auf Sündenvergebung. In Basel vollendet er sein Theologiestudium.

1516 bekommt Zwingli die Pfarrstelle im mächtigen Kloster Einsiedeln angeboten, da man vernommen hat, dass Zwinglis Predigten die Zuhörer magnetisch anziehen. Zu diesem berühmten Kloster pilgern Massen von Gläubigen, um bei der Schwarzen Madonna Erhörung ihrer Bitten zu finden. – Bei einem Brand im Kloster war die Marienstatue angekohlt worden. Das hat die Namensgebung „Schwarze Madonna“ bewirkt. - Je länger Zwingli in Einsiedeln predigt, desto weniger Geld fließt in die Kassen des Klosters, da Zwinglis Worte ein Umdenken in der Bevölkerung bewirken. Nicht Bitten an Heilige, nicht Bitten vor den Statuen von Heiligen helfen in irgendeiner Weise der Seelennot der Gläubigen. Allein das Vertrauen zum himmlischen Vater ist die Basis für Erhörung. Allein flehentliches, reuevolles Bitten zu seinem Sohn Jesus Christus ermöglicht neue Hoffnung, gibt Trost, schenkt Frieden, bewirkt Vergebung und Seelenheil. Als die Einnahmen des Klosters drastisch zurückgehen, will man sich des eloquenten Redners, den man völlig falsch eingestuft hat, entledigen. Die geistlichen Verantwortlichen von Zürich dagegen holen den aufgrund seiner Redegabe bereits berühmt gewordenen Pfarrer mit Freuden in ihre Stadt. Am 1.1.1519, an seinem 35. Geburtstag, predigt Zwingli zum ersten Mal als Leutpriester in Zürich. Er beginnt mit dem Matthäusevangelium Kapitel 1 und predigt Wochenende für Wochenende systematisch über das ganze Evangelium, Vers für Vers. Er malt der Menge der Zuhörer das Leben Jesu vor Augen. Jesu Heilungen wie schlussendlich sein Leiden und seine Auferstehung treten in den Vordergrund. Zwei Prinzipien sind es, um die herum sich alle Themen ranken. Erstens: Das Wort Gottes ist die einzige unfehlbare Autorität, an der alles zu messen ist, was im Himmel und auf Erden ist. Zweitens: Der Tod Jesu ist die alleinige und vollständige Sühnung für alle unsere Sünden. Wer reuig und um Verzeihung bittend zu Jesus kommt, erhält vollständige Vergebung.

Diese Predigten werden zum Großereignis für die Zürcher Bevölkerung. Die Predigtbegabung Zwinglis spricht sich weit und breit herum. Massen von Zuhörern strömen ins Großmünster nach Zürich und hören das UR-Evangelium von der Gnade Gottes. Neue Hoffnung keimt auf, Frieden mit Gott ist erreichbar, die Freude ist groß. Die Stadtväter reagieren mit neuen Gesetzen zum Wohle der Bevölkerung. Zürich blüht auf.

Zwingli gelingt es, eine öffentliche Disputation über Glaubenspunkte anzusetzen. Die Stadtregierung von Zürich soll als Schiedsrichter entscheiden, ob die Lehren Zwinglis aus der Bibel stammen oder nicht, und ob die über 1000 Jahre währende Vorherrschaft der römischen Kirche weiterhin aufrechtzuerhalten sei. Sollten die 200 Stadtväter zugunsten von Zwingli entscheiden, werden die öffentlichen Gesetze der Stadt Zürich in Zukunft insofern geändert, als alle Pfarrer geschützt und unterstützt werden, die das Wort Gottes in ursprünglicher Reinheit aus der Zeit Jesu unverfälscht predigen. Zwingli verfasst 67 Artikel, in denen er die reformatorischen Lehrpunkte zusammenfasst. Er ist jetzt 39 Jahre alt und angetreten, um das Evangelium, das er gepredigt hat, zu verteidigen. Alle Lehrpunkte sollen anhand der Heiligen Schrift geprüft werden. Zwinglis Grundsatz: Die Bibel und die Bibel allein soll entscheidend sein. 600 Personen mit Rang und Namen aus kirchlichen und politischen Kreisen versammeln sich, um dieser Entscheidung beizuwohnen. Die römische Seite legt ihre Standpunkte dar, unterstützt durch Texte von Konzilien. Zwingli und seine protestantischen Kollegen argumentieren mit dem Wort Gottes. Welche Seite wird von der Stadtregierung als die bessere Option bezeichnet werden? Als Ergebnis dieser öffentlichen Anhörung wird verlautbart: Alle Prediger sollen die bisherigen kirchlichen Traditionen, die von der Bibel abweichen, verwerfen und nur das predigen, was sie aus dem Wort Gottes belegen können. Diese Ankündigung ist die Grundlage für die Ausbreitung der Reformation in Zürich mit Unterstützung der politischen Macht.

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Erschienen in: Top Life Aktuell 1703

 

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