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Verfasser: Pierre Intering
Erschienen in:Top Life Magazin 3 / 2006

Reiz ohne Ende

Über den Einfluss der Erotisierung auf die Gesellschaft

Von allen Seiten umgeben sie uns - spärlich bekleidete Schönheiten, die verführerisch ihre schlanken Körper im Scheinwerferlicht räkeln. Ob es die neue Mode, die schnittige Limousine oder auch nur das durstlöschende Mineralwasser betrifft - makellos gestylte Models werben um die Aufmerksamkeit des Konsumenten. Die erotisch ästhetischen Bilder bleiben nicht ohne Wirkung. Das Geld für die Honorare der Top-Models ist gut angelegt. Kein Konzern wäre so einfältig, dort zu investieren, wo kein Erfolg winkt. Kommen knackige Kurven ins Spiel, wird plötzlich das langweiligste Produkt zum Hingucker. Erotik durch Wort und Bild ist augenscheinlich noch vor der witzreichen Reklame die Nummer Eins der Werbebranche.

Die Werbung ist nur eine der zahlreichen Plattformen für die sinnlich-erotische Phantasie. Ob Film, Fernsehen oder Illustrierte - wer heute auch nur mit halbwegs offenen Augen durch die Welt läuft, wird unweigerlich mit Szenen und Bildern konfrontiert, die früher undenkbar waren. Was vor wenigen Jahren noch unter dem Ladentisch oder hinter dem Vorhang gehandelt wurde, kann man heute ganz einfach mit seiner Tankrechnung bezahlen. Noch nie war es so einfach, einschlägige Zeitschriften, Videos, DVD´s oder sonstige erotische Artikel zu besorgen. Wer sich vornimmt, der vereinnahmenden Anziehungskraft erotischer Bilder zu widerstehen, hat es nicht leicht: Pin Up-Girls, saloppe Sprüche am Arbeitsplatz, haufenweise Zweideutigkeiten durch Lieder und Moderation im Radio und die Blondine, die auf riesigen Plakatwänden mit verführerischer Spitzenwäsche im Abendstau um Aufmerksamkeit buhlt.

Die vielen Begegnungen mit den Reizen mögen nur für einen Augenblick vorhanden sein, aber immerhin. Schließlich verspricht auch der Fernsehabend noch jede Menge Reize und Anspielungen - angefangen von den Werbeeinschaltungen und Kulturnachrichten bis hin zum Abendfilm im Hauptprogramm. Wer es etwas heftiger will, schaltet einfach auf einen Privatsender um. Dort fühlt man sich noch freier. "Geiz mit dem Reiz" ist schon lange out. Erotik, Coolness und Witz sind gefragt. "Reiz ohne Ende" ist die Devise. "Wie schön das Leben doch sein kann - lasst es uns genießen." Und wenn der Körper dem Geist nicht mehr so ganz folgen kann, helfen entsprechende Potenzmittel, die reißenden Absatz finden.

Die Realität

Wie kommt es aber, dass trotz des versprochenen Glücks die Ehen immer brüchiger, die Beziehungen immer kürzer und die Konflikte immer härter werden? Wenn wir schon so von Liebe und anziehender Sinnlichkeit eingelullt werden, müssten wir nicht vor lauter Glück und Freude überschäumen?

Ist es Zufall, dass die Pädophilie ein solch erschreckendes Wachstum verzeichnet? Warum outen sich plötzlich so viele als bi- oder homosexuell? Ist dies wirklich so normal und natürlich, wie es heute gerne dargestellt wird? Warum blühen die Pornoindustrie und der moderne Sklavenhandel, in dem Frauen gezwungen werden, ihre Körper zu verkaufen? Könnte die allgegenwärtige Erotisierung der Gesellschaft einen nicht unerheblichen Anteil daran haben? Beschert uns der "Reiz ohne Ende" vielleicht nur ein kurzes Glücksgefühl, nach dessen Abklingen kaputte Seelen und zur echten Liebe unfähige Persönlichkeiten stehen? Oder erleben wir tatsächlich eine Entwicklung, die aus uns am Ende glücklichere Menschen macht, die sich von aller Verklemmtheit und von allen Zwängen befreit haben? Fragen über Fragen, über die es sich nachzudenken lohnt. Schließlich geht es um den intimsten Bereich unseres Lebens, der weit mehr als nur unseren Körper betrifft.

Erotik - das uralte Vermächtnis

Die darstellende Erotik ist kein Phänomen der Neuzeit. Soweit sich zurückblicken lässt, stößt man auf Berichte, Bilder und Skulpturen, die Sexualität thematisieren. Ob es die primitiv wirkenden Abbildungen von Fruchtbarkeitsgöttern oder verspielte Szenen zweier Liebender sind - der Unterschied der Geschlechter faszinierte schon immer; schließlich ist es das hervorstechende Unterscheidungsmerkmal der menschlichen Ordnung in ihrer Urform. In den kanaanitischen Heiligtümern spielte die kultische Prostitution eine wichtige Rolle. Der Ritus symbolisierte die Vereinigung des Himmelsgottes Baal mit der Fruchtbarkeitsgöttin. Damit sollte für eine gute Ernte gesorgt werden. Das Volk Israel sollte sich von diesen Bräuchen fernhalten: "Lebt nicht nach den Sitten der Ägypter, in deren Land ihr gewohnt habt! Richtet euch auch nicht nach den Bräuchen der Bewohner Kanaans, wohin ich euch bringen werde! Nehmt sie nicht zum Vorbild!" 3. Mose 18, 3 (Hfa) Das Volk hielt sich nur zum Teil an die Anweisungen. In so manchen Berichten werden sexuelle Verirrungen beklagt und verurteilt.

Religiöse Sinnlichkeit der Kulturen

Im Altertum wurde die Sinnlichkeit eng mit dem religiösen Kult verknüpft. In der babylonischen, sumerischen, indischen oder auch chinesischen Kultur gehörte die sakrale Prostitution, in der Männer und Frauen ihre Körper im Tempel anboten, zum festen Bestandteil des religiösen Lebens. Korinth mit seinem legendären Aphrodite-Tempel verdankte seine kulturelle und wirtschaftliche Stellung zu einem großen Teil dem "ältesten Gewerbe der Welt" und im antiken Rom war Erotik allgegenwärtig. Sie bestimmte das gesellschaftliche Leben, in dem Genuss zum Lebenssinn erhoben wurde.

Die Quelle der Liebe

Durch Jesus und seine Nachfolger erfuhr die Welt innerhalb kürzester Zeit, was wirkliche Liebe bedeutet und auch umfasst. Nicht nur die Liebe zu Gott, sondern auch die Liebe zum Nächsten bekam eine weit tiefere Bedeutung. Nicht eine selbstsüchtige, triebhafte Befriedigung der Lust, sondern die hingebungsvolle Anteilnahme stand im Vordergrund. Die Sexualität, geschützt und geborgen in der Ehe, erfuhr wieder eine neue Sinngebung. Sie wurde in einer Liebesbeziehung gepflegt, in der Würde und Achtung gegenüber dem Anderen oberstes Gebot war. Erotische Abenteuer außerhalb der Ehe standen im krassen Gegensatz zu den moralischen Werten der Christen. Im gleichen Maße wurden auch erotische Darstellungen jeglicher Art abgelehnt.

Last statt Lust - Religion kontra Sexualität

Es ist zu einem guten Teil der philosophischen Zuwendung der Kirche zuzuschreiben, dass aus einer allumfassenden, lebensbejahenden Einstellung ein lebensfremdes, ja lebensfeindliches Umfeld geschaffen wurde. Schon ab dem 2. Jahrhundert befassten sich "Kirchenväter" wohl zu intensiv mit der griechischen Philosophie und den heidnischen Traditionen. Die Folge waren zahlreiche Veränderungen und Neuinterpretationen der einfachen christlichen Glaubensgrundsätze. Das betraf auch die Sexualität. Besonders Augustinus hatte auf die veränderte Sexualmoral erheblichen Einfluss. Der katholische Kirchenvater, der vor seiner Zuwendung zum Christentum selbst ein sexuell ausschweifendes Leben geführt hatte, sah in der sinnlichen Lust eine negative Folge der Sünde. Der eheliche Geschlechtsverkehr war seinem Verständnis nach deshalb unrein und nur zur notwendigen Zeugung des Nachwuchses bestimmt. Diese Sichtweise war nicht neu. Zahlreiche heidnische Kulte, jüdische Sekten und auch so manche Geistliche lehrten und praktizierten die Askese um der "reinen Seele" willen. Generell stufte man alles Leibliche gegenüber dem Geistig-geistlichen als minderwertig ein.

Die sexuelle Revolution - Aufbruch in ein neues Zeitalter

Obwohl - oder vielleicht auch gerade weil -sich die sinnentleerte Vorstellung über die Sexualität allgemein durchsetzte, war die Praxis oft eine andere. Heimlich wurde hinter verschlossenen Türen das getrieben, was man öffentlich verabscheute. Die ungezügelte Lustbarkeit wurde auf gewisse Orte beschränkt, wo sich Männer und Frauen von Rang und Namen ein Stelldichein gaben.

Was die öffentlichen Darstellungen betraf, waren sie im Namen der Kunst möglich - wenn auch mit Einschränkungen. So mancher Meister konnte sich Freiheiten erlauben, die anfangs zwar auf Widerstand stießen, dann aber doch akzeptiert und schließlich bewundert wurden - ein bekanntes und bewährtes Spiel der Kunst. Längst hat man sich an die Malereien und Skulpturen gewöhnt, die in allen möglichen und unmöglichen Posen die Intim-sphäre zur Schau stellen. Gepaart mit Intrigen, Mord oder mit Aktionen, in denen kübelweise Blut über nackte Leiber geschüttet wird, scheint Erotik besonders reizvoll zu sein.

Zurück ins 19. Jahrhundert. Dort begann sich ein Teil der Gesellschaft langsam von der christlichen Lehre von einem Schöpfer und dessen Schöpfung zu entfernen. Den scheinbar wissenschaftlichen Anlass gaben Darwins Evolutionstheorien über die zufällige Entstehung und Entwicklung des Lebens. Gott wurde überflüssig. Damit büßten auch die moralischen Werte ihren Einfluss ein, was sich auf alle Lebensbereiche auswirkte. Ob Musik, Theater, Literatur oder gesellschaftliche Ereignisse waren - die neue Freiheit war im wahrsten Sinne des Wortes reizvoll. Im Bürgeralltag blieb man freilich noch eine lange Zeit bieder und die traditionellen christlichen Werte und Moralvorstellungen galten - zumindest der Form nach - als unantastbare Grundwerte.

Die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts erlebten schließlich das, was schon lange geistig vorbereitet war. Die Hippie-Bewegung protestierte gegen die Doppelmoral der Wohlstands- und Leistungsgesellschaft. Ein neues Zeitalter brach an. Nicht die Leistung, sondern der Mensch selbst, die Freude und Lust am Leben sollten im Mittelpunkt stehen. Sexuelle Tabus fielen unter dem rhythmischen Beat des Rock' n' Roll. Was Musik und die allgemeine Stimmung nicht bewirken konnten, schafften schließlich Drogen, die Mut für die neue Freiheit gaben. Die neu entwickelte Antibabypille sorgte dafür, dass die neu gewonnene Freiheit ohne Folgen blieb - zumindest was den Nachwuchs betraf. Die Flower-Power-Nischenkultur entwickelte sich schließlich zu einer Massenbewegung. "Make love, not war" (Mach Liebe, nicht Krieg) - unter diesem Leitspruch entwickelte sich eine noch nie da gewesene Freizügigkeit der jungen Generation. Auch wenn für so manches ernste gesellschaftliche Anliegen gekämpft wurde, die neue Moral ließ auch berechtigte Anliegen in zweifelhaftem Licht erscheinen.

Erotik - der globale Virus

War früher das pornografische Angebot auf bestimmte Sendezeiten beschränkt, gibt es spätestens seit der Erfindung der Videokassetten und des Internets kaum noch Einschränkungen. Jeder kann jederzeit auf unzählige Angebote zugreifen. Für ganz Hartgesottene tut sich eine Welt auf, in der auch vor sexueller Folter und Mord an Kindern nicht zurückgeschreckt wird.

Jedes Büro und jedes noch so biedere Wohnzimmer wird zu einer potentiellen Quelle der wildesten Phantasien, sobald sich ein Computer darin findet. Was der neugierige Surfer innerhalb nur weniger Augenblicke zu sehen bekommt, war bis vor kurzem nur abgebrühten Personen möglich, die Insiderkenntnisse zu geheimen Kanälen hatten.

Nach einer Studie von Nielsen Netratings surften allein im Februar 2005 etwa sieben Millionen deutsche Bundesbürger auf einschlägigen Sexseiten - das ist fast ein Viertel der aktiven Internet-Nutzer! Fast die Hälfte dieser Besucher machte die Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen aus. (Focus 18/2005). Die Zahl der existierenden Erotik- bzw. Pornoseiten wird auf mindestens 250 Millionen geschätzt - und es werden täglich mehr.

Der Nachrichtenkanal N-TV stellte in seinem Bericht von der 2. Klinischen Tagung der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung (DFGfS) in Münster fest, dass Psychotherapeuten eine erschreckende Häufung von Sexsüchtigen feststellen müssen. "Nach Schätzungen von Tagungsleiter Steffen Fliegel sind jüngsten Studien zufolge rund 75 Prozent der Sexsüchtigen Männer. Genaue Zahlen seien schwer zu beschaffen, weil die Sexsucht sehr schambesetzt ist. Tatsache ist, dass immer mehr Selbsthilfegruppen für Sexsüchtige gegründet werden müssten, sagte Fliegel der dpa. Immer mehr psychosomatische Kliniken und ambulante Behandler spezialisierten sich auf dieses Gebiet. Hauptursache für die wachsende Zahl der Sexsüchtigen sei nach Ansicht der Kongressteilnehmer das freie und übermäßige Angebot des Internet insbesondere an Sexseiten und Sex-Chats. "Dort kann unbeobachtet und anonym gesurft werden", sagte der promovierte Diplompsychologe von der Gesellschaft für Klinische Psychologie und Beratung in Münster. "Die Sucht ist also gelernt und nicht angeboren", folgerte Fliegel." (N-TV, 2.10.04

Meinunsmacher - die Rolle der Medien

Als 1950 Hildegard Knef in dem Film "Die Sünderin" für ein paar Sekunden nackt von hinten zu sehen war, entwickelte sich dies noch zu einem der größten Kino-Skandale der Nachkriegszeit. Demonstrationen, gesperrte Kinos und heftige Diskussionen verhinderten aber nicht den Erfolg des Filmes, in dem auch die Prostitution und der Selbstmord thematisiert wurden. Der Wirbel nützte eher der Filmindustrie, die bald ein Tabu nach dem anderen brach. Diese Aufregung ist heute kaum noch nachvollziehbar. Die meisten Filme, die heute für Kinder ab 12 Jahren freigegeben werden, zeigen weit mehr als das, was damals Entsetzen auslöste. Und wenn ein Film völlig frei von Nacktszenen oder zweideutigen Andeutungen ist, sorgen die Werbespots vor und/oder nach dem Film für die tägliche Dosis Erotik - wenn diese nicht schon vorher durch die Fernsehzeitschrift konsumiert wurde.

Die warnenden Stimmen von besorgten Pädagogen oder religiösen Institutionen fanden auch in den letzten 15 Jahren kaum Gehör. Erotik ist allgegenwärtig und wird gewünscht wie die Butter auf dem Brot. Die Flut der reizvollen Romane, Bücher, Bilder und Filme formte zu einem großen Teil die Gesellschaft, mit einem neuen Verständnis von Partnerschaft, Sexualität und Moral. Erlaubt ist, was gefällt und was allen Beteiligten Spaß macht. Auf der Strecke bleibt wieder, wie so oft, der Mensch selbst - mit seinen tiefsten Empfindungen, Wünschen und Sehnsüchten. Sein Hunger nach aufrichtiger Zuneigung und tiefsinniger Liebe wird wieder einmal auf körperliche Reize reduziert, die in ihrer Wirkung nicht lange anhalten. Dem kurzlebigen Wohlbefinden folgen tiefe Narben an der Seele.

Fernsehen prägt

"Wie Menschen gesehen werden, ist keine rein individuelle Angelegenheit, sondern wird geprägt durch Ideologien, Institutionen oder Gesetze, vor allem durch die der Medien.

So zeigte eine Studie, dass Frauen, die auf karibischen Inseln bis vor kurzem kein Fernsehen hatten, ihr Verhalten stark an diese Medien anpassten. Zuvor hatte dort ein Schönheitsideal größerer Körperfülle gegolten, innerhalb von zwei Jahren aber tauchten erstmals Fälle von Bulimie und Magersucht auf. Nicht nur der Körper wird reguliert, auch das Geschlechtsleben ist geprägt durch Medien." Maria Kux studiert Politikwissenschaft, Philosophie und Geschichte in Wien. http://oeh.ac.at

Lernen durch Sehen

Was wir hören, was wir lesen und besonders was wir sehen, beeinflusst uns mehr, als wir oft wahrhaben wollen. Im Bereich der Erotik spielt die visuelle Wahrnehmung eine entscheidende Rolle. Immerhin lebt davon eine gewaltige Werbe- und Filmindustrie, die immer wieder durch neue Reize die sehende Gesellschaft beeinflusst und prägt. Bilder sind nichts anderes als visuelle Botschaften, die einfacher und schneller zum Ziel führen als ein geschriebener oder gesprochener Text. Bilder erschüttern, machen nachdenklich, sie beruhigen oder versetzen in Erregung. Bilder kommunizieren direkt mit unseren Gefühlen. Männer und Frauen, die sich immer wieder erotische oder pornografische Bilder ansehen, ob in Zeitungen und Zeitschriften, im Internet, in Filmen oder wo auch immer, überlagern die Wirklichkeit mit einer medialen Scheinwelt. Unmerklich wird der eigene Partner mit den perfekt gebauten und für erotische Abenteuer stets bereiten Traumbildern verglichen. Der Vergleich mag frustrierend sein. Die porenreiche Haut, die dunklen Äderchen, die Fettpölsterchen und die immer stärker werdenden Falten sind nicht zu übersehen. Zu den äußerlichen Unterschieden zwischen der Traumwelt und der Wirklichkeit kommen die zutiefst menschlichen Aspekte. Es gibt keine ewige Lust und keine nie enden wollende Partystimmung. Mühen, Sorgen, Krankheiten gehören zum Leben. Der einfache Alltag mit seinen Anforderungen steht im Gegensatz zu den geschönten Bildern. Wer Glück mit einem ständigen, lustvollen Hochgefühl gleichsetzt, wird genauso vom Leben enttäuscht werden wie der, der sich der Illusion hingibt, öfters den Partner wechseln zu müssen, damit sich diese Traumwelt der ewigen Lust erfüllt. Die Wirklichkeit holt ihn schneller ein, als ihm lieb ist.

Wo endet alles?

Die heutige Entwicklung ist besorgnisserregend. Die Lust- und Spaßgesellschaft wird immer öfter von der Wirklichkeit eingeholt und taucht als Reaktion noch tiefer in Wunschwelten ein, von der die größte die Welt der Erotik ist. Alles bisher Dagewesene wird in den Schatten gestellt. Die völlig überzogenen Erwartungen an den Anderen und die gleichzeitig egoistische Sicht auf die Bedürfnisse der eigenen Person führen zur gesellschaftlichen Katastrophe. Begriffe wie Liebe, Spaß, Lust oder Partnerschaft bekommen eine ganz andere Bedeutung und einen anderen Wert. Vieles wird nur noch oberflächlich und zweideutig verstanden - und keiner ist wirklich glücklich damit! In Wirklichkeit sehnen sich die meisten nach echter Liebe und Zuneigung. Nach einer von der BBC veröffentlichten Umfrage nannte jeder zweiter Brite eine funktionierende Beziehung und Partnerschaft als wichtigsten Glücksfaktor - und dies ist sicher nicht nur in England so.

Wahres Glück findet, wer Wertschätzung, Aufmerksamkeit und liebevolle Zuneigung erfährt. Jeder Mensch möchte geliebt und angenommen werden. Die inneren Werte sind das, was wirklich zählt. Besitz und das kurzweilige Vergnügen liegen in der Rangliste weit abgeschlagen - das zeigen zumindest die Ergebnisse der Umfragen. Die Realität sieht da aber wohl etwas anders aus. Der Mensch möchte beides: Die wahren Werte, auf die es im Leben wirklich ankommt, aber auch den Reiz der fremden, nackten Haut, bei der dummerweise die Dosis ständig erhöht werden muss. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" brachte diesen inneren Widerspruch auf den Punkt: "Eheliche Untreue ist gesellschaftsfähig geworden, bei Männern und Frauen. Sie wollen beides: Tiefes Gefühl auf Dauer und wilden Sex. Doch dieser Wunschtraum, sagen Wissenschaftler, ist eine Illusion." (4.7.05)

Wünsche und Gedanken, oftmals angefacht durch stimulierende Bilder, Literatur und Filme, kollidieren mit der Wirklichkeit und stehen wie ein unsichtbares Spannungsfeld zwischen den Beziehungen. Kein Wunder, dass die Fähigkeit zu dauerhaften Beziehungen abnimmt. Wir blockieren uns den Weg zu solchen Beziehungen. Diese werden immer kürzer und nehmen immer eigenartigere Formen an.

Glück muss man haben

Wer meint, das Leben bestehe nur aus Mühe, Ärger und Frust, lebt in einem anderen Extrem. Wenn wir lernen, mit allen Herausforderungen der Wirklichkeit umzugehen, werden wir trotz mancher Unannehmlichkeiten glücklich sein und immer wieder Anlass zur Dankbarkeit finden. Wer auf die Bedürfnisse des Anderen eingeht, wer bereit ist, sich Pflichten, Sorgen und Ängsten zu stellen, und seine Gedanken über Gott und die Welt in einer gesunden Atmosphäre austauscht, der erfährt beneidenswertes Glück. Davon können die vom Stress gezeichneten und schon zwanghaften, "immer gut drauf sein"-geplagten Models, Stars und sonstigen optischen Aushängeschilder nur träumen.

Die glücklichsten Beziehungen entstehen, wenn Menschen ihr Leben nach den Werten ausrichten, die der Schöpfer wie eine Gebrauchsanleitung zu einem glücklichen Leben im biblischen Wort mitgeteilt hat. Diese Grundsätze lebte Jesus Christus unverfälscht vor. Seine Liebe, seine Treue und seine Hingabe sind für jede Ehe ein nachahmenswertes Beispiel. Wer mit Gott lebt, darf auch im Umgang mit seiner Geschlechtlichkeit und in der Partnerschaft mit Gottes Kraft rechnen. Wenn zwei Menschen Gott in ihre Beziehung einbinden, werden sie sich schätzen und sich gegenseitig als Persönlichkeit sehen, die nicht einfach ausgetauscht werden kann. Sie werden einander vergeben und in ihrer Beziehung zueinander wachsen. Vor allem werden sie vermeiden, den Verlockungen einer Scheinwelt zu erliegen, die ihren Sinnen reizvolle Stunden versprechen, sie aber dann doch leer zurücklassen. Sie werden wissen, dass die Sache keines zweiten Blickes würdig ist.

Nachdem der Mensch seine Vollkommenheit verloren hatte, verdeckte er seine Nacktheit. Als Gott ihnen begegnete, gab er ihnen Kleider (1.Mose 3, 21). Das hatte seinen Sinn. Die Sünde zerstörte die Unschuld des Menschen, so dass er sich selbst zum Feind machte. Der Alltag erinnert uns tausendfach daran und es wäre klug, die Lehren daraus zu ziehen. Wir müssen nicht als "Getriebene" leben. Gott will uns Freiheit und echte Gefühle schenken.

Biblische Quellen

Schon im biblischen Schöpfungsbericht wird festgehalten: "So schuf Gott die Menschen nach seinem Bild, als Gottes Ebenbild schuf er sie und schuf sie als Mann und als Frau." 1. Mose 1, 27 (GN) Der Hinweis "seid fruchtbar und vermehrt euch!" (V.28) war der unmissverständliche Auftrag der sexuellen Hingabe des Paares, das vom Schöpfer das Prädikat "sehr gut" bekam (V.31). Es ist sicher kein Zufall, dass die Vermehrung des Menschen mit einem Akt der Hingabe verbunden wurde. Der körperlichen Ausdrucksform der Liebe entspringt neues Leben. Die später entwickelte Leibfeindlichkeit lag sicher nicht in der Absicht des Schöpfers.

Aber eine nur fast nebenbei erwähnte Erzählung aus dem alttestamentlichen Schöpfungsbericht stimmt nachdenklich. Als die Menschen das göttliche Gebot missachteten, nicht von der Frucht des "Baumes der Erkenntnis" zu essen, ging in ihnen eine Veränderung vor: "Plötzlich gingen beiden die Augen auf, und ihnen wurde bewusst, dass sie nackt waren. Hastig flochten sie Feigenblätter zusammen und machten sich einen Lendenschurz." 1. Mose 3, 7 (Hfa) Dies war aber nicht die einzige Veränderung, die sie erlebten. Der bib-lische Bericht hält fest, dass Gott die Menschen aufsuchte, doch diese sich vor ihm versteckten. Auf die Frage, was sie dazu veranlasste, antwortete Adam: "Ich hörte dich im Garten und fürchtete mich; denn ich bin nackt, darum versteckte ich mich." 1. Mose 3, 10 Offensichtlich geschah eine Veränderung in ihrer Sichtweise und in ihrem Denken. Furcht vor Gott und Scham vor der Nacktheit bestimmten plötzlich ihr Verhalten. Eigenschaften, die offensichtlich mit Sünde und Schuld zusammenhängen.

Die Sexualität ist die natürlichste Sache der Welt. Dies schützt sie aber nicht vor Missbrauch. Im alttestamentlichen Bericht über Noah finden sich Hinweise auf den moralischen Niedergang der Menschheit (1. Mose Kap. 6). Jesus bezog sich in einer Rede auf diese Zeit und warnte vor einer Einstellung, die Genuss als Lebensinhalt sieht (Matth. 24, 37-39). Essen und Trinken dienten nicht zum Lebenserhalt und zur Stärkung. Im Gegenteil, die Menschen brachten sich mit ihrer Unmäßigkeit nur um den Verstand. Entsprechend veränderte sich auch das Verhalten zueinander - sie wurden voller "Bosheit" (1. Mose 6, 5). Auch der Akt der Liebe und die Zuneigung zum anderen Geschlecht pervertierten. Es kam zu einem nur noch den Trieb befriedigenden Verhalten, in dem der Partner auf seine körperlichen Reize und Fähigkeiten reduziert wurde. Er war nicht mehr ein Lebens-, sondern ein zeitlich beschränkter Lustpartner, der beliebig austauschbar war. Damit wurde wieder eine alte Lebensweisheit bestätigt: Wenn der Sinn einer Gabe verloren geht, schlägt sie ins Gegenteil um.

Was bleibt übrig vom "Sehr gut"?

Nicht alles, was einmal sehr gut war, muss es für alle Zeiten bleiben. Natürliche Dinge können sich in eine falsche Richtung entwickeln. Die menschliche Natur bietet sich darin als bestes Beispiel an. Vom schöpferischen Prädikat "sehr gut" hat sich der Mensch weit entfernt. Liebe, Friede, Geduld, Freundlichkeit und noch viele Tugenden fehlen gerade dann, wenn sie gebraucht werden. Diese Degeneration wirkte sich auch auf das Verständnis der Sexualität aus. Ob es die heimische Rotlichtszene, der boomende Sextourismus, die unzähligen Sexshops und Videotheken oder die unüberschaubaren WEB-Angebote sind, die die körperlichen Reize von den seelischen Empfindungen trennen, - mit echter Liebe hat dies alles längst nichts mehr zu tun.

Links und Bücherempfehlungen

Pornosüchtige benötigen nicht Vorwürfe und Verurteilung, sondern echte Hilfe, um aus ihrer beziehungszerstörenden Abhängigkeit zu finden. Dazu einige hilfreiche Internetadressen und Bücher:

Links:

www.porno-frei.ch

www.sexsucht.jesus.ch

Bücher:

"Wenn Bilder süchtig machen", Brunnen Verlag

"Jeder Mann und die Versuchungen", Hänssler Verlag

"Pornofalle - Der Weg zur Befreiung", Schwengeler Verlag

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