Andacht vom 05.11.2006:
Unkraut zupfen - oder warten?
Das Himmelreich gleicht einem Menschen, der guten Samen auf den Acker säte. Als aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut zwischen den Weizen ... Als nun die Saat wuchs und Frucht brachte, fand sich auch das Unkraut... Da sprachen die Knechte: "Willst du denn, dass wir hingehen und es ausjäten?" Matthäus 13,24-26.28
Auch wenn die Landwirtschaft seit den Tagen Jesu einen grundlegenden Wandel erfahren hat, bleiben uns seine Gleichnisse doch immer noch verständlich. Auch heute treten selbst ernannte "Oberkontrolleure" auf, die meinen feststellen zu müssen, dass dieser oder jener nicht fromm genug sei oder in seiner Theologie nicht auf der rechten Linie liege. Die Schlussfolgerung, die dann gezogen wird, lautet oft: Eigentlich hat der kein Recht mehr, in der Gemeinde zu sein! Zwar macht Jesus in diesem Gleichnis auch deutlich, dass die Gemeinde im Blick auf das Gericht lebt und Weizen und Unkraut am Ende für immer getrennt werden (V. 30). Aber wir sind weder als Richter noch als Gutachter für den guten Weizen berufen und auch nicht als "Unkrautvertilger".
Das Reich Gottes ist nicht abhängig von diesen "Oberkontrolleuren" in der Gemeinde. Gott hat seine eigenen "Schnitter", die zur Erntezeit das Unkraut und den Weizen voneinander trennen werden - aber das sind in jedem Fall nicht wir (V. 39)!
Überdies ist Unkrautzupfen ein recht freudloses Geschäft - und eine Unart, die augenscheinlich bis zur Wiederkunft Jesu immer wieder unter seinen Nachfolgern anzutreffen sein wird. Doch selbst wenn man sich in guter Absicht auf diese Weise betätigen möchte, sollte man nicht vergessen, dass Jesus, der Herr der Gemeinde, solches Tun ganz entschieden untersagt hat. Wir würden nämlich bei allem "frommen Eifer" in unserer begrenzten Sicht auch manch Gutes mit ausreißen und häufig die Falschen zu fassen kriegen. Abgesehen davon dürfen wir nicht übersehen, dass sich bis zu Gottes Ernte immer noch etwas ändern und gute Frucht entstehen kann. Das geschieht selbst dort, wo wir es gar nicht vermuten - und das ist doch ermutigend!
Manfred Böttcher
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.
