Andacht vom 02.05.2007:
Zweifler
Und als sie ihn [Jesus] sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten. Matthäus 28,17
Dieser Vers ist in meiner Bibel nicht fett gedruckt - warum auch? Beschreibt er doch die Jünger als eine Gruppe, die im Blick auf Jesus uneins ist: Der Auferstandene erscheint ihnen und einige glauben, dass er es ist, aber andere zweifeln daran. Einen größeren Gegensatz unter Nachfolgern Jesu kann ich mir kaum vorstellen.
Es ist schon erstaunlich, dass dieselbe Begegnung mit Jesus bei Gläubigen (!) derart unterschiedliche Reaktionen auslösen kann. Immerhin haben die Jünger ihren Meister jahrelang begleitet und sollten ihn eigentlich verstanden haben, als er mehrfach darauf hinwies, dass er sterben und auferstehen würde. Außerdem war das für sie kein unverhofftes Zusammentreffen, denn Jesus hatte die Jünger an einen bestimmten Ort bestellt und sie haben sich dorthin auf den Weg gemacht (V. 16). So etwas gibt es eben auch unter Gläubigen - dass eine Begegnung mit Jesus nicht "zündet"; dass sie nicht dazu führt, dass jemand sagt: "Hier bin ich, sende mich!"
Ist es dir auch schon einmal so gegangen? Du hörst (oder liest) Jesu Wort, zum Beispiel im Gottesdienst, und erkennst einfach nicht, dass er dir darin begegnet. Es lässt dich "kalt" und du bist enttäuscht, während andere dadurch angesprochen werden. Oder umgekehrt: Du findest darin geistliche Nahrung, aber der Bruder, die Schwester neben dir bleibt in der gleichen Situation "hungrig", weil er oder sie Jesus darin nicht erkennt.
Glaube und Zweifel - dieser Spannung war die Gemeinde von Anfang an ausgesetzt. Interessant ist, wie Jesus damit umgeht. Er sagt: "Mir ist gegeben alle Gewalt ... Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker ..." (V. 18f). Diese Worte sind demnach zu Glaubenden und Zweifelnden gleichermaßen gesagt. Vielleicht hatte Jesus die Letztgenannten dabei sogar ganz besonders im Blick - zum einen, um ihnen Mut zu machen, zum anderen, weil sie durch ihre eigenen Bedenken die diesbezüglichen Nöte anderer besser verstehen können.
Auch Zweiflern überträgt Jesus manchmal eine große Aufgabe, ohne sie vorher einer "Sonderbehandlung" zu unterziehen. Warte also nicht, bis alle deine Bedenken ausgeräumt sind, sondern stell dich heute Gott zur Verfügung. Er kann und will auch "Bedenken träger" gebrauchen.
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.