Andacht vom 09.06.2007:
Der verkrampfte Apfelbaum
Dagegen bringt der Geist Gottes in unserem Leben nur Gutes hervor: Liebe und Freude, Frieden und Geduld, Freundlichkeit, Güte und Treue. Galater 5,22 (Hoffnung für alle)
Ich traf den jungen Apfelbaum bei einem Spaziergang. Er fiel mir sofort auf, weil ich hörte, wie er stöhnte und ächzte. Dabei sah ich, wie der Apfelbaum alle Äste anspannte und ganz verkrampft dastand. Schweiß rann ihm aus seiner Baumkrone. "Na, Apfelbaum", sagte ich, "was machst du denn da?" "Ich versuche Äpfel zu bekommen! Es ist ja bald Sommer und als Apfelbaum muss ich ja Äpfel haben!" "Hast du schon mal Äpfel gehabt?", fragte ich ihn. "Nein, aber ich gebe mir alle Mühe, ehrlich!" Ängstlich und mit einem fragenden Blick sah mich der Apfelbaum an. "Das glaub ich dir!", sagte ich zu ihm, "aber ich will dir einen Tipp geben!" Erwartungsvoll wartete der junge Apfelbaum auf meine Antwort: "Die Äpfel kommen von selbst. Das ist das einfache, wie erstaunliche Geheimnis. Was du tun kannst, ist, jeden Tag die Sonne und den Regen zu genießen, den Wind durch die Blätter streichen zu lassen und ein fröhlicher Apfelbaum zu sein." Diese Worte klangen für den jungen Apfelbaum nun doch etwas unrealistisch. Aber er klammerte sich an diese Worte und wollte es versuchen.
Haben nicht viele Christen das gleiche Problem? Sie bemühen sich, sich ihr Christsein zu "erarbeiten". Mit letzter Kraft versuchen sie Ehrlichkeit, Freude, Freundlichkeit und all die anderen christlichen Eigenschaften aus sich "herauszupressen". Diese Motivation ehrt sie. Aber es ist eben ein künstlicher Versuch, etwas in sich zu bewirken, was eigentlich ein Wunder ist: Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit...
Gott allein kann diese Veränderung in mir vornehmen. Ich kann mich nur der Sonne Gottes, seiner Menschenfreundlichkeit und dem Regen Gottes, seiner Mut machenden Botschaft aussetzen. Ich kann den Wind Gottes, seine Liebe, durch meine Seele streichen lassen - und werde verändert.
Die Bibel sagt ganz klar: Friede, Freude, Geduld usw. sind Früchte des Heiligen Geistes und nicht meiner Willenskraft. Wer das begreift, für den beginnt ein neues, befreites Leben.
Einen Monat später ging ich wieder den gleichen Weg, an dem der junge Apfelbaum stand. Die Äste waren voller Äpfel. "Na", sagte ich, "das sieht doch toll aus!" "Ja!", sagte er etwas schüchtern, doch voller Freude, "es ist einfach schön, ein Apfelbäumchen zu sein! Und so einfach!"
Fritz Neuberg
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.