Andacht vom 12.08.2007:
Der "himmelhohe" Unterschied
Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken. Jesaja 55,8.9
Es ist erstaunlich, wie hartnäckig sich ein falscher Schriftgebrauch bei frommem Leuten hält. Die Anwendung des obigen Bibelwortes ist ein Beispiel dafür. Wenn man belegen will, dass Gottes Taten in der Geschichte oder im Leben des Einzelnen unbegreiflich schwer sind, wenn man den Unterschied zwischen dem "großen" Gott und dem "winzigen" Menschen hervorheben möchte, dann wird gern dieser Text zitiert.
Im Zusammenhang betrachtet, lautet die Textaussage aber anders. Der Prophet gibt kein Trostwort, sondern ein Gerichtswort weiter. Ausgangspunkt ist: "Der Gottlose" und "der Übeltäter" (V. 7) leben nicht in Übereinstimmung mit Gott. Ihre Gedanken sind eben nicht Gottes Gedanken. Gott denkt anders. Der Mensch sollte aber im Einklang mit Gott denken und leben. Das ist die Botschaft Jesajas.
Doch wie bei jeder Diagnose Gottes belässt er es nicht bei einer Feststellung, sondern zeigt den Weg der Behandlung auf, lädt zur Umkehr ein. Das himmelweite Auseinanderklaffen der menschlichen und göttlichen Gedanken soll und braucht nicht zu bleiben. "Der Gottlose lasse von seinem Wege und der Übeltäter von seinen Gedanken." (V. 7) Gott verspricht ihnen Erbarmen und Vergebung (V. 7) und dass "das Wort aus [s] einem Munde" verändernde Wirkung hat (V. 11) - ähnlich wie die Erde durch "Regen und Schnee vom Himmel" befeuchtet wird, damit nicht dürres Land zurückbleibt, sondern fruchtbare Felder entstehen, auf denen Nützliches wächst (V. 10).
Hast du auch schon ab und zu gemerkt, dass du mit deinen Gedanken nicht auf der Linie Gottes lagst? Hast du dir schon mal gewünscht, dass Gott mehr auf deine Wünsche eingehen sollte? Kennst du die Widerstände gegen den Willen Gottes in deinem Herzen, wenn du dich zum Schulmeister Gottes aufspielst, wenn du deine vernünftigen Überlegungen ins Feld führst, um gegen ihn zu argumentieren?
Ich kenne das. Aber ich weiß auch, dass es dann nur eine Hilfe gibt, nämlich "den Herrn [zu] suchen" (V. 6), vielleicht aufs Neue, inständig und ehrlich. Ich weiß: Er lässt sich finden, denn er möchte, dass meine Gedanken nicht von den seinen abweichen. Er will statt "Dornen" und "Nesseln" schöne "Zypressen" und "Myrten" in meinem Denken wachsen lassen (V. 13). "Berge" und "Bäume" werden dazu Beifall "klatschen" (V. 12).
Josef Butscher
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.
