Andacht vom 15.08.2007:
Von den Schwierigen
Wie kannst du zu deinem Bruder oder deiner Schwester sagen: ,Komm her, ich will dir den Splitter aus dem Auge ziehen', wenn du selbst einen ganzen Balken im Auge hast? Matthäus 7,4 (Gute Nachricht Bibel)
Wer ist nun schwierig: Miriam, die eine etwas extreme Frisur trägt oder ihre unablässig reglementierende Mutter, die ständig für Zoff sorgt? Wer ist schwierig: ich oder der andere? Was uns vielleicht an anderen stört, ist möglicherweise auch unsere Schwachstelle. Ist uns schon einmal aufgefallen, dass wir an anderen meist das kritisieren, womit wir selber Probleme haben?
Das Verhalten von Bruder S. oder Nachbar B. regt mich schon lange auf. Immer wieder erneut lege ich mir die Worte zurecht, um ihm bei passender Gelegenheit einmal richtig die Meinung zu sagen. Was passiert dabei in unserer Seele? Lieblose Gedanken wachsen wie Unkraut und gefährden unseren inneren Frieden und die Beziehung zu Gott.
Um uns davor zu bewahren, machte Jesus mehrere Vorschläge: "Zieh doch zuerst den Balken aus deinem eigenen Auge!" (Mt 7,5 GNB) Und wenn es tatsächlich am anderen liegt: "Liebet eure Feinde und betet für alle, die euch verfolgen." (Mt 5,44 GNB) Wenn ich anfange, für jemanden zu beten, der mir auf die Nerven geht, ist mir ein wichtiger Schritt geglückt. Das verändert nämlich mich.
Sehr oft will Gott "schwierige" Menschen auch als Schleifsteine gebrauchen. So erging es Anne. Während ihrer Ausbildung besaß sie eine kleine abgeschlossene Wohnung im Hause von Frau K. Obwohl Anne bereits 20 Jahre alt war, behielt es sich Frau K. vor, in ihrer Abwesenheit Kontrollgänge durchzuführen: Ist das Bett gemacht, wurde das Geschirr aufgewaschen? Ist der Mülleimer gelehrt? Eigentlich eine Unverschämtheit, und Anne hat über dieses Verhalten keinesfalls jubiliert. Rückblickend konnte sie dafür aber danken. Frau K. hat ihr geholfen, fürs Leben zu lernen.
So genannte schwierige Menschen sind ein Gradmesser unserer Liebe. Es ist kein Kunststück, mit pflegeleichten Leuten auszukommen (siehe V. 47). Jesus erinnert auch uns in der Bergpredigt: Gott "lässt seine Sonne scheinen auf böse Menschen wie auf gute und er lässt es regnen auf alle, ob sie ihn ehren oder verachten" (V. 45 GNB).
Verabschieden wir uns von der Illusion, schwierige Menschen ändern zu wollen. Beten wir lieber: "Herr, gibt mir die Fähigkeit, alle Menschen anzunehmen, wie sie sind." Vielleicht ist das ja gerade heute dringend nötig und würde uns und ihnen gut tun.
Wilfried Krause
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.