Andacht vom 13.09.2007:
Stephanus und van Buitenen
[Stephanus sagte:] "Ihr widerspenstiges Volk, am Körper seid ihr beschnitten, aber euer Herz ist unbeschnitten, und eure Ohren sind verschlossen für Gottes Botschaft! Ständig widersetzt ihr euch dem Geist Gottes, ihr genauso wie damals eure Vorfahren! Gibt es einen einzigen Propheten, den sie nicht verfolgt haben? Sie haben die Boten Gottes umgebracht, die das Kommen des einzig Gerechten angekündigt hatten. Den habt ihr nun verraten und ermordet!" ... Als sie das hörten, schrien sie laut auf und hielten sich die Ohren zu. Alle miteinander stürzten sich auf Stephanus und schleppten ihn vor die Stadt, um ihn zu steinigen. Apostelgeschichte 7,51f.57f (Gute Nachricht Bibel)
Wer sich so zu äußern wagt, muss mit dem Schlimmsten rechnen. Wusste Stephanus das nicht? Ein arabisches Sprichwort rät: "Wenn du die Wahrheit sagen willst, dann besorge dir vorher ein schnelles Pferd!" Nun, selbst wenn Stephanus diesen Rat gekannt und beherzigt hätte, es hätte ihm nichts genützt. Menschen, die sich durch die Wahrheit bloßgestellt sehen, sind zu allem fähig, um sich vor ihr zu schützen. Und sie sind nicht zimperlich in der Wahl ihrer Mittel. Das war schon immer so und wird sich auch nicht ändern.
Er nennt sich bescheiden einen "Buchhalter". Paul van Buitenen, Beamter bei der Finanzkontrolle der Europäischen Union, hat indirekt mit seiner korrekten Buchführung im Jahr 1999 alle EU-Kommissare gestürzt. Der mutige Niederländer hatte im Dezember 1998 mit einer Kiste voller Aktenordner und einem 34-seitigen Bericht den Europäischen Rechnungshof über Vetternwirtschaft, Missmanagement und Betrügereien an der EU-Spitze informiert. "Ich bin Christ", ließ er die Öffentlichkeit wissen. Bevor er die "heißen" Dokumente weitergab, habe er sich mit seinem Pfarrer beraten. Hätte der ihm abgeraten, hätte er wohl die Finger von der Enthüllungsaktion gelassen. Doch der Seelsorger machte ihm Mut und die Milliardenverschwendungen bei der EU kamen an die Öffentlichkeit.
Van Buitenen hat seinen Schritt teuer bezahlt. Zwei Tage nach Übergabe des Berichts wurde er vom Dienst suspendiert und sein Gehalt halbiert. Und das war nur der Anfang endloser Schikanen. Der Mann ist weder sensationslüstern noch medienbesessen. "Ich habe eine große Stütze in meinem Glauben, auch im Gebet. Ohne das geht es bei mir nicht!", bekennt er.
Menschen, die sich der Wahrheit verpflichtet fühlen, koste es, was es wolle, waren schon immer "dünn gesät". Deshalb frage ich mich: Was ist mir die Wahrheit wert? Wie kann ich mich heute für sie einsetzen?
Günther Hampel
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.
