Andacht vom 19.10.2007:
Zwei Männer aus Emmaus
Und sie nötigten ihn und sprachen: Bleibe bei uns; denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben. Lukas 24,29
"Bleibe bei uns ...", sagten die Emmausjünger und Jesus blieb, um ihnen nahe sein zu können. Dableiben, um zu trösten, um beizustehen, wenn es schwer wird - dableiben ohne Worte, ohne Ratschläge und ohne Ermahnungen. Was heißt es, bei einem anderen zu bleiben, zu trösten?
Die Entscheidung, eine belastende Situation auszuhalten, erfordert Mut, Kraft und eine klare Entscheidung, ob man wirklich dazu bereit ist.
Als Jesus im Garten Gethsemane seine Jünger bittet, mit ihm zu wachen, flüchten sie in den Schlaf. Es war ihnen zu schwer. In der Emmausgeschichte bitten die Jünger Jesus zu bleiben. Er, der soeben weitergehen wollte, bleibt. An diesem Abend entsteht eine besondere Gemeinschaft, die auf dem Weg begonnen hat. Beim gemeinsamen Essen erkennen sie ihn und in diesem Augenblick verwandelt sich ihre Trauer in Frieden, Gewissheit und Freude.
Einen kranken, bedürftigen Menschen zu begleiten, der kaum noch angesprochen werden kann, der mürrisch reagiert und seine Umgebung vielleicht schikaniert - das ist ein Entschluss, der immer wieder neu und mit Gottes Hilfe gefasst werden muss. In diesen Momenten, wenn es schwer wird, kann ich jenseits aller alltäglichen Grenzen auf meinem Weg Gott neu erleben.
Da frage ich nicht, ob mein Gegenüber einen Sinn im Leben gefunden hat, da habe ich meinen Sinn gefunden, da gebe ich keine fertigen Antworten, da teile ich Hoffnung auf Vergebung, auf Verzeihen, Hoffnung auf Güte und Gnade, auf Gottes bessere Welt.
Dann ist Jesus weg. Die beiden Männer aus Emmaus können ihn nicht mehr aufhalten. Sie müssen Abschied nehmen. Doch in ihrer Trauer begegneten sie Jesus, sprachen mit ihm und fanden wieder zurück ins Leben. Sie gehen nun zurück nach Jerusalem und trösten andere. Sie stehen auf und erzählen, was sie erlebt haben.
Diese Begegnung zwischen Jesus und den beiden Männern zeigt, dass es einen Weg aus der Trauer gibt und ich für andere da sein kann, wenn ich zuhöre, für jemanden bete und darüber rede und danach lebe, dass es einmal ein Leben ohne Tod geben wird.
Gerhard Menn
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.