Andacht vom 22.11.2007:
Von sichtbaren und unsichtbaren Qualitäten
Aber der HERR sprach zu Samuel: Sieh nicht an sein Aussehen und seinen hohen Wuchs; ich habe ihn verworfen. Denn nicht sieht der HERR auf das, worauf ein Mensch sieht. Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an. 1. Samuel 16,7
Für uns Menschen ist das Sehvermögen wohl der wichtigste der fünf Sinne. Wir haben zwei Augen, eine Raupe sechs, die Spinne acht, eine Fliege kann sogar nach vorn und hinten zugleich sehen.
Es ist nicht selbstverständlich, dass man sehen kann, weil man gute Augen hat. In der Bibel gibt es genügend Beispiele dafür, dass Menschen trotz ihrer sehenden Augen dennoch nichts gesehen haben. Jesus sagte einmal: "Mit sehenden Augen sehen sie nicht." (Mt 13,13) In Psalm 119,18 bittet der Schreiber: "Öffne mir die Augen, dass ich sehe die Wunder an deinem Gesetz." Sehen können ist ein großes Geschenk. Es hilft, im Leben besser zurechtzukommen.
Die Bibel erzählt davon, dass Abraham seinen Knecht losschickte, um für Isaak, seinen Sohn, eine Lebensgefährtin zu suchen. Nach welchen Kriterien sollte er die Wahl treffen? Er sah nicht auf die äußere Schönheit (siehe 1 Mo 24,12-22), denn er wusste wohl: "Schöne Frauen sind eine Zeit lang gut, gute Frauen sind ein Leben lang schön."
Bei uns entscheidet oft das Aussehen und manchmal ist es die einzige Bewertung von Menschen. Doch was das Wesen eines Menschen ausmacht, ist das Innere, und das lässt sich visuell nicht wahrnehmen. Antoine de Saint-Exupery hatte Recht, als er schrieb: "Man sieht nur mit dem Herzen gut."
Samuel, der Prophet, sollte einem jungen Mann mitteilen, dass er von Gott zum König auserwählt war. Er kannte seinen Namen nicht, sondern wusste nur, in welcher Familie er lebt. Woran sollte er ihn erkennen? Unser Andachtstext beschreibt die Blickrichtung Gottes. Gott sieht uns Menschen auch an, aber nicht unter dem Blickwinkel, ob wir äußerlich attraktiv sind. Er sieht uns ins Herz. Er hat einen Blick für das, was über das äußerliche Sehen hinausgeht.
Gott beauftragt den Menschen, den er als würdig für dieses Amt ansieht. Wen sieht er aber für würdig an? Oft gerade den, der bei uns Menschen optisch nicht auf der Liste steht, den man glatt übersehen kann. Denjenigen, dessen Herz für Gott schlägt und der ihm vertraut, den "sieht" Gott bestimmt.
Gott sieht das Herz an. Das gilt für jeden von uns. Für Gott zählt nicht die Scheinwelt der optischen Täuschungen oder frommen Phrasen, er sucht nicht den geistlichen Superstar. Er blickt tiefer, er sieht uns ins Herz. Was findet er dort bei uns?
Gerhard Meliert
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.