Andacht vom 11.02.2008:
Unerträglicher Gottesdienst
Wascht euch, reinigt euch! Schafft mir eure bösen Taten aus den Augen, hört auf, Böses zu tun! Lernt Gutes tun, fragt nach dem Recht, weist den Unterdrücker zurecht! Schafft Recht der Waise, führt den Rechtsstreit der Witwe! Jesaja 1,16.17 (Elberfelder Bibel)
Eine Frau wurde von ihrem Mann sehr enttäuscht. Er hatte sie gekränkt und verletzt. Zwar macht er ihr seitdem große Geschenke und beteuert seine Liebe, aber sein Verhalten ihr gegenüber hat sich nicht geändert. Ich vermute, dass die Frau an den Geschenken wenig Freude hat, im Gegenteil: Sie wird sich nur noch mehr gedemütigt und verletzt fühlen.
So ähnlich muss damals Gott empfunden haben, von dessen Reaktion auf das Verhalten Israels im heutigen Andachtstext die Rede ist. Er lässt dem Volk durch den Propheten mitteilen: Ich kann euren Weihrauch "nicht mehr riechen"; eure Sabbate "verabscheue" ich; eure frommen "Festversammlungen" sind mir lästig und unerträglich (V. 13 Hfa). Dabei ging das alles doch auf klare Verordnungen zurück, die er selbst gegeben hatte.
Warum also diese harsche Kritik? Ganz einfach: Das fromme Gehabe im Gottesdienst deckte sich nicht mit dem unfrommen Alltag. Man tat zwar so, als suche man Gott und frage nach seinem Willen, doch in Wirklichkeit ging es den Menschen wohl immer zuerst um sich selbst und den eigenen Vorteil. Dass dabei andere Personen und das Recht auf der Strecke blieben, schien kaum jemandem Kopfzerbrechen zu bereiten.
Unsere Gottesdienste sollten echt sein, von Herzen kommen und ehrlich und aufrichtig zur Ehre Gottes abgehalten werden. Damals wie heute!
Fast alle Kirchen und Gemeinden klagen heutzutage manchmal über mäßigen Gottesdienstbesuch oder leiden darunter, dass das Gemeinschaftserlebnis so wenig "Glanz" hat. Das mag ja sein. Aber als ich den Abschnitt im Jesajabuch, dem unser Andachtstext entnommen ist, las, hat mich das nicht erschreckt, sondern mir eher Mut gemacht. Gott ist offenbar weniger an "Glanz und Gloria" interessiert, als daran, dass echt und aufrichtig ist, was im Gottesdienst und in unserem Alltagsleben geschieht. Er berauscht sich nicht an Besucherzahlen und Statistiken über Opfer und Gaben, sondern freut sich über Menschen, die ihn lieben und aufrichtig danach fragen, was er will. Das ist der Gottesdienst - innerhalb und außerhalb der Kirchen und Gemeinden -, den sich Gott wünscht.
Klaus Schulz
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.
