Andacht vom 22.02.2008:
Vergessen, verloren - was nun?
Deinen Fels, der dich gezeugt hat, hast du außer Acht gelassen und hast vergessen den Gott, der dich gemacht hat. 5. Mose 32,18
Eigenartig - das klingt, als ob man Gott wie einen Gegenstand irgendwo liegen lassen und vergessen könnte!
In einer Pressemeldung (dpa 26.3.2004) fand ich Folgendes: Eine Japanerin hatte in der Bahn versehentlich eine Violine im Wert von 15 Millionen Yen (rund 114.000 Euro) liegen lassen. Wie die Polizei mitteilte, war die Violinistin des Osaka-Philharmonie-Orchesters in der Nacht im Zug eingeschlummert. Als sie wieder erwachte, bemerkte die 38-Jährige, dass sie über ihren Zielbahnhof hinausgefahren war und verließ an der nächsten Station den Zug. Kurz darauf stellte sie entsetzt fest, dass sie ihren Koffer mit der maßgefertigten italienischen Violine zurückgelassen hatte. Eine anschließende Suche nach dem edlen Instrument blieb erfolglos.
Das Entsetzen der Musikerin kann ich mir lebhaft vorstellen. Wer hat nicht schon etwas Wertvolles verloren und bei dem Gedanken, es womöglich nicht mehr zurückzubekommen, Qualen gelitten! Aber bei unserem Tagestext geht es um viel mehr als um einen verlorenen Schlüssel oder eine gestohlene Brieftasche.
Was kann ich tun, wenn meine Beziehung zu Gott nicht mehr stimmt, wenn sich die Prioritäten verschoben haben und Gott in den Anforderungen des Alltags untergegangen, in Vergessenheit geraten ist?
Die Japanerin blieb immer noch Musikerin, auch ohne Instrument, aber ohne ihre Violine würde niemand ihre wahre Profession erkennen. Wir sind in der Regel immer noch halbwegs angenehme Zeitgenossen, wenn der "heiße Draht" erkaltet ist, aber wird man unsere "Profession" (Berufung) als Zeugen Christi wahrnehmen?
Die Japanerin machte sich umgehend auf die Suche - uns bleibt sie ebenfalls nicht erspart. Manchmal dauert es einige Zeit und erfordert Ausdauer, bis durch den "kalten Draht" wieder spürbar der "Strom" fließt, aber im Vergleich zu der kostbaren Violine hat Gott selbst größtes Interesse daran, "wieder gefunden" zu werden: "Dann werdet ihr den Herrn, euren Gott suchen. Und ihr werdet ihn finden, wenn ihr ehrlich und von ganzem Herzen nach ihm fragt." (5 Mo 4,29 Hfa)
Ich wünsche uns für diesen Tag, dass wir das Kostbarste - durch das (den) wir das sind, was wir sein sollen -nicht aus den Augen verlieren.
Gerda Polchlopek-Pelczar
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.