Andacht vom 08.07.2008:
Krieg spielen, Frieden spielen
Was ihr gelernt und empfangen und gehört und gesehen habt an mir, das tut; so wird der Gott des Friedens mit euch sein. Philipper 4,9
Der russische Schriftsteller S. J. Marschais (1887-1964) beobachtete einige Jungen beim Spiel. "Was spielt ihr da?" - "Wir spielen Krieg!" - "Wisst ihr nicht, wie schlimm Krieg ist, wo Menschen nur leiden und sterben? Ihr solltet lieber Frieden spielen." - "Ja, das ist eine gute Idee!" Dann folgten Tuscheln und Schweigen - schließlich fragte einer: "Wie spielt man Frieden?" - Das Böse hat eine tiefe Faszination. Niemand kann sich ihr entziehen.
Meine Kinderjahre waren Kriegsjahre. Das Leben der Erwachsenen war gekennzeichnet von den Schrecken des Krieges und der Sehnsucht: "Nie wieder Krieg!" Darum verboten sie uns jegliches Kriegsspielzeug. Was machten wir? Wir schnitzten uns heimlich Pistolen, Gewehre und Schwerter! Trotz aller grausamen Folgen und unendlichem Leid bleibt es so: Das Böse lässt sich so viel spannender spielen und so viel reizvoller leben. In der großen Welt wird der Krieg mit immer raffinierteren Waffen geführt. In unserer kleinen Welt bekriegen sich an jedem Tag Menschen mit Rücksichtslosigkeit und Boshaftigkeiten.
Siebenmal wird Gott im Neuen Testament "Gott des Friedens" genannt. Jesus kam in diese Welt, um den verhängnisvollen Kreislauf von Hass, Gewalt und Vergeltung zu durchbrechen. Weder die Kriege der Mächtigen noch unsere täglichen Kleinkriege sind mit ihm vereinbar. Er berief seine Nachfolger zu Friedensstiftern (Mt 5,9). Die Frage "Wie spielt man Frieden?" bekommt so eine ernsthafte Bedeutung. Dazu brauchen wir mehr Fantasie, Einfallsreichtum und Wahrnehmung des anderen als bei den eingeschliffenen, aggressiven Reaktionen. Dafür will der "Gott des Friedens" mit uns sein. Er schenkt den Sieg. Geht es nicht in all den großen und kleinen Kriegen immer um die Angst, Besitz, Macht oder Freiheit zu versäumen oder zu verlieren? Trotz eines möglichen, vorübergehenden Triumphes, am Ende sind bei diesen Kämpfen doch alle Verlierer.
Mit dem "Gott des Friedens" ist das anders. Wer ihm vertraut, wird von einer neuen Gesinnung erfüllt. Die Angst weicht. Wo sein Friede ins tägliche Leben genommen wird, entstehen Gelassenheit und Kraft zum Tragen. "Und Gottes Friede, der all unser Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und Gedanken im Glauben an Jesus Christus bewahren". (Phil 4,7 Hfa) "Der Gott des Friedens aber sei mit euch allen!" (Rö 15,33)
Lothar Wilhelm
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.