Andacht vom 11.07.2008:
Beklemmend, peinlich, gruselig
Denn es ist nichts verborgen, was nicht offenbar werden soll, auch nichts geheim, was nicht bekannt werden und an den Tag kommen soll. Lukas 8,17
"Wenn doch der Mensch durchsichtig wäre wie Glas, damit man den Sitz seiner Krankheit sehen könnte!" Mit diesen Worten machte sich einmal ein Arzt zum Sprecher für viele, die auch diesen Wunschtraum hegten. Niemand ahnte, dass dieser Traum einmal Wirklichkeit werden würde.
Im November 1895 machte der Physiker Wilhelm Conrad Röntgen eine merkwürdige Entdeckung: Bei Experimenten entstand eine Strahlung, die seine Hand durchsichtig machte. Zunächst glaubte er an eine Sinnestäuschung. Doch wann immer er seine Hand diesen Strahlen aussetzte, das Ergebnis war dasselbe: Sie zeichnete sich auf dem Bildschirm ab. Scharf umrissen erkannte er die eigenen Knochen. Auch die Münzen in einer verschlossenen Geldbörse wurden sichtbar. Am 28. Dezember 1895 veröffentlichte er seine Erfindung. "Wunderstrahlen entdeckt! Der menschliche Körper ist durchsichtig geworden."
Seit dieser Zeit ist der menschliche Körper durchschaubar, zum Nutzen vieler Patienten. Aber eines kann der Mensch trotz weiterer Fortschritte immer noch nicht: die Gedanken und Beweggründe seiner Mitmenschen durchleuchten.
Da sitzen zwei Geschäftspartner zusammen und versprechen sich gegenseitig nur das Beste. In Wirklichkeit denkt sich jeder: "Dich werde ich übers Ohr hauen." Da sitzt ein junger Mann einem hübschen Mädchen gegenüber. Er spricht die Worte, die wir alle kennen, denkt aber etwas ganz anderes. Das Herz empfindet anders als sein Mund redet.
Zum Glück geht das nicht. Aber werden die vielen bösen Gedanken wirklich von niemandem bemerkt? Wenn doch, dann müssten wir uns manchmal schämen oder verkriechen.
Doch Gott kennt unser Herz und unsere Gedanken. Die Bibel sagt: "Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne" (Ps 139,2) - auch die schlechten. "Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, Herr, nicht schon wüsstest." (Ps 139,4) Vor den Menschen können wir unsere Gedanken verbergen, aber Gott "durchschaut" uns. Er bietet uns jedoch an, mit ihm ins Reine zu kommen, um ehrlich und aufrichtig mit uns und anderen umzugehen.
Gerhard Meliert
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.